Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 37. Sitzung / Seite 94

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14.51

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Vizekanzler! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In den beiden grundsätzlichen Referaten des Bundeskanzlers und des Vizekanzlers ist es sowohl um aktuelle Themen der österreichischen Innenpolitik gegangen als auch um Fragen rund um die Europäischen Union beziehungsweise um das Wechselspiel Österreich als Mitglied der Europäischen Union. Mein Vorredner, Abgeordneter Nowotny, hat appelliert, doch nicht für alle negativen Entwicklungen in Österreich, doch nicht für das teilweise schlechte Klima immer die Europäischen Union als Hauptverursacher darzustellen. Doch was ist seit dem österreichischen EU-Referendum beziehungsweise seit dem EU-Beitritt passiert?

Damals gab es eine deutliche Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher für den Beitritt Österreichs zur Europäischen Union. Gestützt war diese deutliche Mehrheit, diese Zweidrittelmehrheit auf die klaren Ankündigungen der Regierung, Österreich wolle als EU-Mitglied einen sehr aktiven Beitrag dazu leisten, Europa zu verändern. (Abg. Dr. Khol: Aber ihr wart dagegen!) Ja, Herr Abgeordneter Khol, wir haben die Chancen, Europa zu verändern, damals mit großer Mehrheit anders beurteilt. (Abg. Dr. Khol: Aber nicht der Voggenhuber!) Wir sehen unsere Meinung heute sehr, sehr stark bestätigt, und ich will Ihnen das begründen.

Herr Abgeordneter Khol, Sie sind damals gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner angetreten, um in den Bereichen Ökologie, Sicherheitspolitik und im Bereich Wirtschaft und Soziales österreichische Akzente in Brüssel zu setzen. Und das war es auch, was sicherlich eine von den Grünen damals nicht so angenommene Mehrheit zu diesem Ja bewogen hat.

Dieses Klima hat sich seither nicht grundlos verändert. Daher, Herr Bundeskanzler, kann ich Ihre Einschätzung, die Sie im Zusammenhang mit dem wirtschaftspolitischen Klima, mit der Diskussion rund um den Ausverkauf der österreichischen Wirtschaft hier in Ihrem Referat geäußert haben, wonach diese Stimmung vorwiegend emotional begründet ist, überhaupt nicht teilen. Sie unterstellen ja damit eigentlich der österreichischen Bevölkerung, daß sie, ohne die Situation richtig einschätzen zu können, einfach so aus dem Bauch heraus jetzt die Situation ganz anders beurteilt als damals zum Zeitpunkt des Referendums. Die Österreicherinnen und Österreicher wissen aber sehr gut, was seither passiert ist und was vor allem nicht passiert ist. Und das sind die Gründe, warum sich die Stimmung geändert hat. (Beifall bei den Grünen.)

Tatsächlich geht es sowohl in Österreich als auch auf europäischer Ebene um diese drei großen Fragen, die sowohl von der Regierungsbank aus als auch von den Vorrednern angesprochen wurden. Es geht um die Frage des Umweltschutzes, der Ökologie, auch der Auswirkungen auf die Beschäftigung, es geht um die Fragen der Sicherheitspolitik, wie Frieden in diesem Europa erhalten beziehungsweise hergestellt werden kann, und es geht um den großen Bereich der Sozial- und Wirtschaftspolitik. In allen drei Bereichen sind Sie beide Versprechen weitgehend schuldig geblieben. Weder haben Sie innerhalb Österreichs eine aktive Politik verfolgt, noch haben Sie versucht, Aktivitäten auf den Bereich der Europäischen Union zu übertragen. Sie waren sehr lax, im Inland und auch in der Europapolitik. Ich möchte das an einigen Beispielen deutlich machen.

Und deswegen, Herr Bundeskanzler: Der Stimmungsumschwung kommt nicht von irgendwoher, die Österreicher sind keine emotionalen Träumer, die nicht wissen, wie sie die Politik in diesem Land beurteilen sollen.

Erster Bereich: Umweltschutz, Umweltbereich. Sie sagten in Ihrem heutigen Referat einmal mehr, Sie wollen die ökologische Dimension verstärken, und Sie sprechen von einer Harmonisierung auf höchstem Niveau.

Im Umweltbereich, in einem Bereich, der der österreichischen Bevölkerung sehr wichtig ist und der für eine moderne Wirtschaftspolitik immer wichtiger werden wird, in dem Arbeitsplätze geschaffen werden können, sind Sie nahezu alle Ihre Versprechungen schuldig geblieben.

Die Rudimente einer Umweltbesteuerung sind im österreichischen Steuersystem eigentlich kaum erkennbar, und das, was Sie an Mehrbelastungen eingeführt haben, ist keine Ökosteuer,


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