Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 41. Sitzung / Seite 97

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in den ersten 6 Jahren nur Zinsenzahlungen anfallen. Die Kapitalzahlungen beginnen somit im Jahr 2002. Anzumerken ist jedoch, daß dies bereits die fünfte Umschuldung mit Rußland ist.

Auch gegenüber Entwicklungsländern wurden mehrere Umschuldungsverträge nacheinander vereinbart. So wurde 1988 erstmalig eine Reduktion der betroffenen Schulden um 1/3 vorgesehen. 1991 kam es zu einer Erweiterung der Schuldenerleichterung für diese Länder, wobei die betroffenen Schulden um die Hälfte ihres Barwertes reduziert wurden. Ende 1994 folgte eine Schuldenerleichterung für o.a. Länder um 2/3 des Barwertes der Schulden. Bei der jüngsten Jahrestagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank haben die G 7, in deren Initiativen auch die im sogenannten "Pariser Club" zusammengeschlossenen westlichen Gläubigerstaaten mit einbezogen sind, beschlossen, auf bis zu 80 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten.

Obige Umschuldungsbeispiele bestätigen auf eindrucksvolle Art und Weise, daß die Bundesregierung in nächster Zeit dazu übergeht, mehr als 100 Milliarden Schilling auf Kosten des österreichischen Steuerzahlers herzuschenken, und auf diese Weise das "Gesetz des Schuldenzyklus" erfüllen wird. Das typische Muster ist durch folgende Phasen gekennzeichnet:

1. Bedenkenlose Kreditvergabe seitens der Gläubiger (d.i. Periode bedenkenloser Schuldenaufnahme)

2. Schuldenkrise (vertragsmäßige Erfüllung der Verbindlichkeiten ist nicht mehr möglich)

3. Umschuldung mit harten Bedingungen

4. Kurzfristige Umschuldung mit weicheren Konditionen

5. Langfristige Umschuldung mit zu extrem weichen Konditionen

Allein bei der Umschuldung mit Polen ergaben beziehungsweise ergeben sich budgetäre Belastungen von rund 20 Milliarden Schilling. Von denen sind seit 1991 bis 31. März 1996 bereits 11,9 Milliarden Schilling budgetwirksam geworden. Auch bei diesen Umschuldungsverhandlungen gefiel sich Österreich in der Rolle des "Vorzugsschülers", indem es sich von anderen Gläubigerländern mit weitaus geringeren Außenständen (insbesondere den USA) die Bedingungen diktieren ließ.

Diese von der Bundesregierung aufrechterhaltene Fiktion der Einbringlichkeit ist nachgewiesenermaßen, wie am Beispiel Polens ersichtlich, nicht nur Selbsttäuschung, sondern unredlich gegenüber der österreichischen Bevölkerung.

So erhöhte sich der Stand der Haftungen gem. AFG seit 1987 von zirka 284 Milliarden Schilling bis 1995 auf rund 355 Milliarden Schilling (zirka 105 Milliarden Schilling gegenüber Osteuropa).

1988 bezifferten sich die Umschuldungsgarantien noch auf rund 47 Milliarden Schilling (davon zirka 29 Milliarden Schilling gegenüber Osteuropa) und erhöhten sich bis 1995 auf zirka 102 Milliarden Schilling (davon rund 66 Milliarden Schilling für Osteuropa).

Bemerkenswert ist ferner, daß die Zahl der Einzelhaftungen mit Fristigkeiten mit einer Laufzeit von 5 bis 10 Jahren, vor allem mit einer Laufzeit von über 10 Jahren seit Jahren überdurchschnittlich ansteigt. (Stand 1995: zirka 73 Milliarden Schilling für 5 bis 10 Jahre Laufzeit und rund 126 Milliarden Schilling für Laufzeiten über 10 Jahre). Die Laufzeit des am längsten in Kraft befindlichen Garantievertrages reicht sogar bis in das Jahr 2029.

Nicht zuletzt stellt auch der Rechnungshof, der die Sondermaßnahmen der Bundesregierung im Ausland unter besonderer Berücksichtigung der Hilfsmaßnahmen für mittel- und osteuropäische Staaten geprüft hat, dem Bundeskanzleramt ein äußerst schlechtes Zeugnis aus. Abgesehen von der Tatsache, daß es für die strukturellen Osthilfemaßnahmen Österreichs an ausreichenden materiell-rechtlichen Grundlagen mangelt, der Bundeskanzler einen solchen Gesetzentwurf, der auch den Informations- und Koordinationsbereich der Bundesverwaltung regeln


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