Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 44. Sitzung / Seite 52

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Familienförderung weiter verbessern, deswegen treten wir auch dafür ein, daß die Steuerfreiheit des Existenzminimums für jedes Kind, für jeden Erwachsenen in der Familie Ziel unserer Familienpolitik sein soll.

Denn wir glauben, daß der Staat kein Recht hat, auf jenes Einkommen zurückzugreifen, das der einzelne in der Familie zum Leben braucht. Das ist Gerechtigkeit, die wir anpeilen, deswegen treten wir für eine weitere Verbesserung dieser Familienförderung zugunsten dieser notwendigen Balance für die österreichischen Familien im Zuge der gesellschaftlichen Entwicklung ein. (Beifall bei der ÖVP.)

11.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Herr Abgeordneter, Sie haben das Wort. 20 Minuten Redezeit. (Abg. Dr. Khol: Das ist jetzt interessant, was die Liberalen zur Umverteilung sagen!)

11.36

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Höchtl! Bevor ich mich meinen eigenen Ausführungen zuwende, möchte ich eine Bemerkung machen: Sie sind bis jetzt der einzige mir bekannte Leser der Umverteilungsstudie, der ihr entnommen hat, daß dieselbe von oben nach unten umverteilt. Dieses "Alleinstellungsmerkmal" wollte ich Ihnen ausdrücklich anerkennen.

Alle anderen, mit denen ich bisher gesprochen habe, haben das nicht herausgelesen, sie haben die Seite 21 wohl auch gelesen, aber sie sind ... (Abg. Dr. Khol: Das nennt man selektive Wahrnehmung!) Herr Klubobmann Khol! Sie haben die Studie wahrscheinlich überhaupt nicht gelesen. (Abg. Dr. Khol: Tatsächliche Berichtigung!) Ich nehme es an, macht nichts. Man muß nicht alles lesen. Wenn Sie sie allerdings nicht gelesen haben sollten (Abg. Dr. Khol: Ich habe sie gelesen!) , dann bitte ich Sie, mir nicht selektive Wahrnehmung zu unterstellen, denn selbstverständlich habe ich die Seite 21 auch gelesen, allerdings im Gesamtzusammenhang. Ich halte mich daher an den Gesamtzusammenhang einer Studie, und ein Gutachten macht letztlich Gesamtaussagen.

Teilweise ergibt das dann auch Aspekte, die von der Gesamtaussage nicht so gedeckt sind, wie man meinen würde, wenn man es vielleicht nicht verstanden hat. Wenn man aber den Gesamtzusammenhang liest und eine Matrix zu lesen weiß (Abg. Dr. Höchtl: Steht es drinnen oder steht es nicht drinnen?) , die horizontale und vertikale Aspekte hat, und wenn man die Schlußfolgerung der Studie gelesen hat, dann kann man, was die Konsequenzen betrifft, die man daraus zieht, unterschiedlicher Meinung sein. Da würde ich mich mit Ihnen gerne streiten. Aber die Studie jetzt selber so umzuinterpretieren, daß sozusagen die Sozialpolitik zum besten sei, daß unsere großen Aufwendungen, die wir im System vornehmen, die vielen Milliarden Schilling, die wir bewegen, richtig sind, das kann ich nicht nachvollziehen, und dieses "Alleinstellungsmerkmal" wollte ich Ihnen ausdrücklich zuordnen.

Ich meine, die Schlußfolgerung aus der Studie zu ziehen, daß alles zum besten stehe, daß die Sozialpolitik bestens funktioniere, in diesem Land keine Armut herrsche, niemand unter der Armutsgrenze lebe, niemand existentiell bedroht sei – das ist tollkühn! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Vorweg noch ein Gesichtspunkt zu Ihrem familienphilosophischen Zugang: Es ist völlig unbestritten, daß es für Kinder gut und das beste ist, wenn sie in einer konsolidierten Kleingruppe, die wir üblicherweise Familie nennen, aufwachsen. Das ist völlig richtig. Die Rechtsform ist dabei schon nicht mehr ganz so wichtig, die Verträglichkeit des Zusammenlebens ist wichtiger, die Rechtsform ist traditionell so, wie wir sie haben. Das soll so sein und ist auch gut.

Aber wenn Sie glauben, daß man das Problem von Kinderarmut dadurch beseitigen kann, daß man an bestimmten traditionellen Rollenbildern festhält, indem man Elemente in das System einbaut, die bestimmten traditionellen Rollenbildern folgen, die alle zu Lasten der Frauen gehen müssen, weil es sich um traditionelle Rollenbilder handelt, wenn Sie glauben, dadurch verbessere sich die Gesamtlage, daß man zu Lasten einzelner – in dem Fall einer ganzen Gruppe: der


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