Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 49. Sitzung / Seite 150

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der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen betreffend Anfechtung der Kärntner Landtagswahlordnung beim Verfassungsgerichtshof eine Frist bis 15. Jänner 1997 zu setzen.

Nach Schluß dieser Debatte wird die Abstimmung über den gegenständlichen Fristsetzungsantrag stattfinden.

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein.

Nach der Geschäftsordnung darf kein Redner länger als 5 Minuten sprechen. Der Erstredner hat zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung oder von zum Wort gemeldeten Staatssekretären sollen nicht länger als 10 Minuten dauern.

Ich erteile zunächst Frau Abgeordneter Dr. Schmidt das Wort. – Bitte. Redezeit: 10 Minuten.

17.40

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich sollte man davon ausgehen, daß jeder, der seinen Eid auf die Verfassung geschworen hat – und das sind neben den Abgeordneten hier im Hause einige andere auch; darunter auch die Regierungsmitglieder –, Interesse daran hat, daß die Verfassung eingehalten wird, vor allem aber auch, daß die Gesetze, die es in unserem Lande gibt, der Verfassung entsprechen.

Ich habe diesen Optimismus, daß den Menschen daran gelegen ist, immer noch, obwohl es zahlreiche Gegenbeispiele gibt, insbesondere Gegenbeispiele aus der jüngsten Vergangenheit. Ich denke dabei etwa daran, wie dieses Hohes Haus – jedenfalls die Abgeordneten von den Regierungsparteien – hier agiert hat, was rückwirkende Gesetze betrifft, obwohl man wußte, daß dies gegen einen Grundsatz unseres Rechtsstaates verstößt, nämlich gegen den Grundsatz von Treu und Glauben. Ich denke daran, wie hier Bestimmungen im Zivildienstgesetz einfach mit einer Verfassungsmehrheit nur deswegen beschlossen wurden, weil man wußte, daß damit Grundsätze unserer Verfassung verletzt werden. Das hat gar nichts damit zu tun, daß man die Verfassung weiterentwickeln wollte, sondern man hat ganz bewußt die Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes ausgeschaltet, weil man wußte, daß mit einer Bestimmung gegen Grundsätze verstoßen wird.

Es ist schon ein Reflex der Abgeordneten der Regierungsparteien, sich bei jedem verfassungsrechtlichen Einwand nicht damit auseinanderzusetzen, wie man eine Bestimmung verfassungskonformer gestalten könnte, sondern zu dem Mittel der Zweidrittelmehrheit zu greifen, indem man einfach eine Verfassungsbestimmung macht und sie so der Kontrolle des Verfassungsgerichtshofes entzieht.

Trotz dieser schmerzlichen Erfahrungen in diesem Hohen Hause habe ich immer noch den Optimismus, daß es ja doch einige geben muß, die ein verfassungskonformes Staatswesen haben möchten.

Ich rede jetzt gar nicht davon, daß wir neuerlich vor Vorhaben stehen, die diese Verfassung wieder mit Füßen treten werden. Es ist nämlich Tatsache, daß man verfassungsrechtlich determinierte Organe entmündigt, degradiert und statt dessen Kompetenzen an Gremien gibt, die keine verfassungsrechtliche Verankerung haben, wie der Gemeindebund, wie die Landeshauptleutekonferenz, wie der Städtebund. Stichwort: Konsultationsmechanismus.

Da rede ich auch gar nicht von Wien, was sich da abgespielt hat! Da hat man auf der einen Seite Stadtsenatsmitglieder, führt aber daneben, völlig neben jeder Verfassung, irgendwelche weiteren Kompetenzen ein wie irgendein privater Verein.

Das heißt, meine Sorge – ich wiederhole sie hier –, daß es viele in diesem Hause gibt, die die Verfassung nur als eine unverbindliche Richtschnur betrachten, ist nicht ausgeräumt, aber es gibt Möglichkeiten, den Optimismus zu stärken, und zu einer solchen Möglichkeit wollen wir heute aufrufen.


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