Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 98

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Auch die Technologiemilliarden, meine Damen und Herren, die wir beschlossen haben, dienen in Wirklichkeit – wenn auch mittelbar – der Sicherung von Beschäftigung oder der Schaffung neuer Beschäftigung in unserem Land, daher ist auch dies ein Element der Armutsbekämpfung.

Die Studie des Sozialministeriums über die soziale Ausgrenzung belegt deutlich, daß kaum jemand aus dem armutsgefährdeten Personenkreis über einen über die Pflichtschule hinausgehenden Schulabschluß verfügt, und ich leite daraus ab, daß wir noch mehr und vor allem gezielter für Bildung und Ausbildung eintreten müssen. Das bedeutet auch weiterhin, daß keine finanziellen Barrieren errichtet werden dürfen, die den Zugang zu den Bildungssystemen und Bildungswegen in irgendeiner Weise verstellen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich meine damit im übrigen auch die finanzielle Barriere namens Studiengebühren. Auch wenn Argumente dafür gut gemeint und ernst gemeint sind, die Studiengebühren wieder einzuführen, hat mir noch niemand eine plausible und faire Alternative vorgelegt, die ich für akzeptabel halte. (Beifall bei der SPÖ.)

Hohes Haus! Ich habe eingangs erklärt, daß das Thema Armutsbekämpfung ein außerordentlich wichtiges ist, und gerade deshalb, Herr Abgeordneter, werde ich – auch im Hinblick auf die vorgesehene Redezeit – die sorgfältige Beantwortung Ihrer Anfragen auf schriftlichem Weg vornehmen und Ihnen zusenden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.40

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen nun zur Debatte.

Ich mache darauf aufmerksam, daß nach der Geschäftsordnung jeder Redner eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung hat, wobei den Fraktionen jeweils eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zur Verfügung steht.

Ich erteile als erster Rednerin Frau Abgeordneter Dr. Petrovic das Wort. – Bitte.

15.40

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Ich hatte doch gehofft, daß der Herr Bundeskanzler zumindest einige der konkreten Fragen auch konkret beantworten würde. Aber offenbar geht das zum Thema "Armut in Österreich" gar nicht mehr. Offenbar ist weder der Wille vorhanden, noch vielleicht die Voraussetzungen dafür, sich mit diesem Thema im Detail auseinanderzusetzen.

Herr Bundeskanzler! Wenn Sie zu Eingang Ihrer Ausführungen im Prinzip dem Caritas-Präsidenten Küberl in seiner Analyse zugestimmt haben, daß es eine Tendenz gibt, Armut zu privatisieren, zum Privatschicksal zu erklären, dann muß ich Ihnen schon in aller Form sagen: Dieser Befund wird von Ihnen nach mehr als einem Vierteljahrhundert sozialdemokratischer Regierung oder Regierungsbeteiligung – und zwar Mehrheitsbeteiligung in dieser Regierung – angestellt!

Herr Bundeskanzler! Wir haben diese Anfrage sehr bewußt unter das "Motto" gestellt, das die Caritas derzeit an die Öffentlichkeit bringt, nämlich daß jährlich 30 000 Menschen in Österreich unter die Armutsgrenze fallen. Die Caritas verbindet diese traurige und beschämende Feststellung mit einer Aufforderung an alle: Helfen Sie ihnen – diesen 30 000 – aufstehen!

Ich möchte mich dieser Aufforderung anschließen. Ich glaube, wir sind aufgefordert, diesen Menschen, die unter die Armutsgrenze fallen, dabei zu helfen, aufzustehen, wieder auf eigenen Beinen stehen zu können.

Nur an Sie, Herr Bundeskanzler, haben wir das als Frage gerichtet. Wir haben Sie gefragt: Helfen Sie ihnen aufstehen? – Eigentlich muß ich sagen, Sie haben die Fragen, die wir Ihnen in diesem Zusammenhang gestellt haben, nicht beantwortet. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundeskanzler! Ich glaube auch, daß Sie im Kern nicht wirklich beabsichtigen, die Maßnahmen zu setzen, die notwendig wären, um wirksam etwas gegen Armut zu tun. Sie haben in Ihren Ausführungen das Schwergewicht auf die Wirtschaftspolitik, auf den Wohnbau, den Straßenbau, auf die aktive Arbeitsmarktpolitik und auf die Bildungspolitik gelegt. Ich muß Ihnen sagen, da fehlt mir einiges, da fehlen mir wesentliche Punkte!


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