Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 51. Sitzung / Seite 122

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Aumayr.

17.27

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Hohes Haus! Wenn ich mir die Vorschläge, die von den Regierungsparteien zur Bekämpfung der Armut in Österreich gekommen sind, so überlege, dann kann ich nur sagen: Sie sind nichts sonst als armselig.

Von der SPÖ kam der Vorschlag zur Schaffung von Arbeitsplätzen, während täglich in den Zeitungen steht, wie die Arbeitsplätze in Österreich abgebaut werden. Sie können ja nicht einmal die Arbeitsplätze, die bis jetzt in Österreich bestanden haben, erhalten, geschweige denn neue schaffen.

Aber den Vogel mit seiner Forderung hat mit Sicherheit Herr Kollege Großruck abgeschossen. Ich muß schon sagen, wenn Ihnen sonst nichts einfällt, als daß eine Sendung wie "Licht ins Dunkel" zur Bekämpfung der Armut in Österreich sinnvoll ist, dann kann ich Ihnen nur sagen, Herr Kollege Großruck, ich werde beim ORF vorstellig werden, ich werde eine eigene Sendung für die ÖVP verlangen unter dem Titel "Licht ins Dunkel", denn irgendwann muß Ihnen ein Licht aufgehen, wer schuld trägt an der Armut der Familien in Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Großruck: Sie haben das Thema verfehlt! Sie haben das Thema verfehlt mit Ihrer Kritik!) Ihre Familienminister! Irgendwann muß Ihnen ein Licht aufgehen, wer schuld ist, daß 30 Prozent der bäuerlichen Bevölkerung unter der Armutsgrenze leben, nämlich Ihr ÖVP-Landwirtschaftsminister! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Großruck: Bringen Sie ein Beispiel, wo Sie geholfen haben. Bringen Sie ein Beispiel! Sie können keines sagen!)

Armut in Österreich ist weiblich: 420 000 Frauen in Österreich haben keinen eigenen Pensionsanspruch, und 50 Prozent der Frauen haben eine Pension von unter 7 700 S. Daß die Armut vermehrt auf dem Land anzutreffen ist, haben wir heute bereits gehört. Die Bauernpension – das muß man sich einmal vorstellen –, die Pension von Bauer und Bäuerin zusammen beträgt 6 400 S, Frau Kollegin Horngacher. Eine Bäuerin erhält 3 640 S Pension. Frau Kollegin Horngacher, Sie haben das zu Recht bekrittelt. Nur, wer ist denn zuständig? – Seit 20 Jahren stellen Sie ununterbrochen die zuständigen Minister!

Und noch etwas, Frau Kollegin Horngacher: Jeden Antrag zur Besserstellung der bäuerlichen Bevölkerung lehnt Ihre Fraktion ab. Wir haben vor kurzem einen Antrag eingebracht, daß die Arbeitslosenbeiträge für die Nebenerwerbsbauern entweder nicht mehr eingehoben werden oder – wenn sie eingehoben werden – den Nebenerwerbsbauern Arbeitslosengeld bezahlt wird, wenn sie gekündigt werden. Sie stimmen alle diese Anträge nieder – einen nach dem anderen.

Armut ist in Österreich aber vor allem davon abhängig, ob jemand Kinder hat oder nicht. Das muß man sich vorstellen: Wir sind zwar das siebentreichste Land der Welt, aber bei uns leben 270 000 Kinder an der Armutsgrenze. Und dafür ist ganz eindeutig Ihre Steuerpolitik verantwortlich. Jeder Steuerpflichtige hat in Österreich 84 000 S jährlich als steuerpflichtiges Existenzminimum, nur den Familienangehörigen verweigert man ein Existenzminimum. Ganz egal, ob ein Familienvater ein, zwei, drei oder vier Kinder zu versorgen hat – darauf nimmt die Steuerpolitik in Österreich einfach keine Rücksicht. Und das ist eine wesentliche Ursache für die Armutsgefährdung im ganzen Land.

Das Belastungspaket, das gegen die Stimmen der Opposition beschlossen worden ist, dieses Maastricht-Euro-Belastungspaket, das die Regierung beschlossen hat, trifft vor allem die Familien. Man muß sich vorstellen, durch dieses Belastungspaket bekommt jetzt eine Familie mit sechs Kindern – Einkommen unter dem Existenzminimum – jährlich 19 000 S weniger. Eine Familie mit einem Kind – ebenfalls unter dem Existenzminimum – wird mit 10 000 S zur Ader gelassen, aber eine Familie mit einem Kind und einem Einkommen über dem Existenzminimum bekommt nur um 2 600 S jährlich weniger. – Wo, frage ich Sie von der Koalition, ist da die soziale Ausgewogenheit?


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