Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 52. Sitzung / Seite 59

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auch im Inland ihr Gewerbe ausüben, und zwar unter denselben Bedingungen wie Inländer, sofern es sich nicht um gebundene oder bewilligungspflichtige Gewerbe handelt.

Wenn schon das Wort von gebundenen oder bewilligungspflichtigen Gewerben gefallen ist, dann lassen Sie mich einiges zur künftigen Gewerbeordnungsnovelle sagen. Ich gehöre zu denjenigen, die für eine Liberalisierung sind, die dafür sind, daß es möglich sein muß, über den derzeit relativ eng gefaßten Befähigungsrahmen hinaus in nachbarrechtlichen Gefilden zu arbeiten. Ich bin dafür, daß man diese Nachbarrechte entscheidend ausweitet. Ich bin auch dafür, daß man Teilberechtigungen schafft, nämlich dort, wo jemand nicht gleich den gesamten Umfang einer Meisterprüfung für seine selbständige Tätigkeit braucht. Ich bin dafür, daß man sehr nahe Gewerbe zusammenfaßt und die Gewerbeliste insgesamt strafft.

Ich habe aber große Bedenken, meine sehr verehrten Damen und Herren, daß wir unter dem Schlagwort "Liberalisierung der Gewerbeordnung" eine der Säulen der Lehrlingsausbildung stark ins Wanken bringen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Wenn eine Künstlerin Seidenmalerei betreibt und aus ihren seidenbemalten Tüchern Blusen näht, braucht sie derzeit eine Schneidermeisterei. Ich bin dafür, daß sie, wenn sie Abnehmer für ihre Kunstwerke oder für ihre Textilien findet, sowohl nähen als auch verkaufen dürfen und sich selbständig am Markt bewegen können soll, ohne daß sie die Meisterprüfung für das Schneiderhandwerk machen muß. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn wir solche lockeren Zugänge schaffen, dürfen wir es aber nicht gestatten, daß diejenigen, die selber nie das Handwerk gelernt haben, die Lehrlingsausbildung für dieses Handwerk übernehmen. Denn jemand, der selber nie das Schneiderhandwerk gelernt hat, kann natürlich auch keine Schneidermeisterlehrlinge ausbilden. – So weit, so gut, da würden mir viele hier zustimmen.

Nur die Wirkung – mittelfristig gesehen – wird sein, daß wir wahrscheinlich in zehn Jahren nur mehr 20 Prozent Meisterbetriebe haben werden und 80 Prozent andere, freiere Zugänge. Und wer, meine Damen und Herren, bildet dann unsere Lehrlinge aus? – Das heißt, die Lehrlingsausbildung abgekoppelt von einer Liberalisierungsdebatte zu sehen, halte ich für grob fahrlässig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Wir müssen, wenn wir die Lehrlingsausbildung ernst nehmen, bei der Liberalisierung der Gewerbeordnung darauf achten, daß nicht Rahmenbedingungen geschaffen werden, die unser exzellentes duales System ins Wanken bringen. Und die Lösung, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann nicht sein, daß anstelle der Ausbildung in Betrieben die jungen Leute alle in zentrale Lehrwerkstätten oder Schulen geschickt werden. Das ist kein richtiger Ansatz. (Beifall bei der ÖVP. )

Das heißt, es ist mir ein besonderes Anliegen, bei der Liberalisierung der Gewerbeordnung, zu der ich mich bekenne, mitzudiskutieren und darauf hinzuweisen, daß wir unser Lehrlingsausbildungssystem in der guten Qualität, wie es derzeit der Fall ist, erhalten sollen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.50

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Frau Abgeordnete, ich erteile Ihnen das Wort. Sie wollen mit 2 Minuten auskommen. Soll ich 2 Minuten einstellen? – Okay.

11.50

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Ich will nicht, ich muß leider mit 2 Minuten auskommen. Die heutige Tagesordnung erlaubt es der Opposition nicht, länger zu sprechen.

Deshalb in aller Kürze: Es wird 1997 eine große Gewerberechtsnovelle geben, wobei ich bereits jetzt begrüße, daß es überhaupt eine Novelle gibt. Ich werde es auch sehr begrüßen, wenn es einen Unterausschuß und eine ordentliche Behandlung dieser wichtigen Materie gibt.


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