Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 53. Sitzung / Seite 96

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es nämlich unterstellt, daß man den Mitarbeiter gegen einen feindlichen Chef schützen muß – nicht gegen einen vielleicht nachlässigen, sondern gegen einen feindlichen. Es wird also die Fiktion einer Gegnerschaft und einer Interessenverschiedenheit aufgebaut. Mit diesem Gesetz wird so getan, als ob jemand, der dieses Gesetz nicht befolgen müßte, ein erfolgreicherer Unternehmer wäre, und man ihn daher über das Gesetz dazu zwingen muß. Und glauben Sie mir: Das ist der eigentliche Denkfehler!

Daher: Wenn Sie Lenkungsinstrumente einsetzen, die diesen Erfolg beschleunigen, dann sind Sie erfolgreich mit solch einer Regelung; wenn Sie taxative Regelungen treffen, dann sind Sie nicht erfolgreich.

Eine Fußnote zum Entschließungsantrag der Freiheitlichen: Er ist richtig und falsch zugleich. Richtig ist er deswegen, weil es natürlich unerträglich ist, daß die Bundesbediensteten aus diesem Gesetz zur Gänze ausgenommen sind, sodaß eine völlige Ungleichheit auch in Kostenfragen und so weiter gegeben ist. Falsch ist er deswegen, weil damit ein an und für sich mißlungenes Gesetz auch noch auf den Bundesbereich ausgedehnt würde.

Daher ist es ein ganz klassischer Fall von Weder-Noch: Weder wollen wir, daß es ungleich bleibt, so wie es jetzt ist, noch hätten wir gerne, daß dieses mißlungene Gesetz auf den Bundesbereich ausgedehnt wird. Wir wünschen uns eine echte Reform! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

14.47

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten.

14.47

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir vielleicht zwei Vorbemerkungen:

Erste Vorbemerkung: Unsere Betriebe in Österreich, die Unternehmer bekennen sich zur sozialen Verantwortung, sie bekennen sich zur Gesundheitsvorsorge, zur menschengerechten Arbeitsgestaltung und zum Gesundheitsschutz im Betrieb. – Diese Anerkennung und diese Priorität sind letztlich die Konsequenz aus der Erkenntnis, daß das Humankapital, die menschlichen Ressourcen unserer Mitarbeiter, das wertvollste Kapital ist, das wir in Österreich besitzen.

Zweite Feststellung, Herr Kollege: Wenn trotz dieser Situation und wenn trotz dieser sozialen Verantwortung unserer Unternehmer in den letzten Monaten das Arbeitnehmerschutzgesetz in den Betrieben, bei den Unternehmern gleichsam zum Feindbild Nummer 1 geworden ist, zum Schrecken aller Betriebe, dann müssen wir uns fragen: Wo liegen die Wurzeln für diese Diskrepanz: einerseits das Bekenntnis zur Gesundheitsvorsorge, zum Arbeitnehmerschutz, zur menschengerechten Arbeitsgestaltung, zur Humanisierung der Arbeitswelt, auf der anderen Seite, wie gesagt, Feindbild Nummer 1 und eigentlich der Schrecken aller Betriebe?

Meine Damen und Herren! Ich glaube, die Begründung für diese Diskrepanz liegt darin, daß es tatsächlich nicht gelungen ist, den Grundsatz, der bei der Beschlußfassung stipuliert wurde – nämlich ein Ja zur Gesundheitsvorsorge, ein Ja zum Arbeitnehmerschutz, aber ein Nein zu Bürokratie, ein Nein zu Schikanen, ein Nein zum Papierkrieg –, auch tatsächlich umzusetzen. (Abg. Dr. Haselsteiner: Das war doch vorhersehbar!) Das war nicht vorhersehbar, Herr Kollege Haselsteiner!

Ich darf Ihnen ein Beispiel sagen und, Herr Sozialminister, auch gleich ankündigen, daß unser Schwerpunkt nach Beschlußfassung dieser Novelle die Beachtung der Vollziehung dieses Gesetzes ist. Ich glaube, wir sollten als Parlamentarier auch immer wieder darauf hinweisen, daß all das, was vielfach mit Bürokratie des Gesetzgebers assoziiert wird, tatsächlich nicht von uns ausgeht. Und wenn alle über die Flut der Gesetze klagen und die Zahl der Bundesgesetzblätter heranziehen: Wer einmal in die Bundesgesetzblätter hineingeschaut hat, wird sehen, daß ungefähr ein Drittel Bundesgesetze sind – die machen wir –, und zwei Drittel sind Verordnungen, Erlässe, Kundmachungen. Daher haben wir sehr genau darauf zu achten, ob in der


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