Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 57. Sitzung / Seite 17

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10.24

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr viele Antworten, Herr Bundesminister – außer einer langen Chronologie –, haben Sie uns jetzt nicht gegeben (Abg. Auer: Da haben Sie nicht hören wollen!) , vor allem nicht hinsichtlich dessen, was passieren wird. (Abg. Schuster: Das stimmt ja nicht!)

Sie haben sich auf berichtete Informationen gestützt. Sie haben sich auf Medienberichte, die Ihrer Meinung nach nicht zutreffend sind, gestützt. Ich, Herr Bundesminister, will Ihnen über eigene Erfahrungen berichten, und ich meine, das sind Erfahrungen, wie sie viele Österreicherinnen und Österreicher gemacht haben. Dieses Pickerl oder – wie mein Kollege Anschober wohl zu Recht gesagt hat – "Rutscherl" war nicht nur in Westösterreich, sondern fast nirgendwo in Österreich reibungslos zu erhalten. (Abg. Dr. Trinkl: Das stimmt ja nicht!) Als ich mich um den Jahreswechsel herum selbst bemüht habe, dieses Pickerl zu erwerben, bin ich in Trafiken, an Tankstellen, je nachdem, wie die Betreiber eingestellt waren, nur noch auf große Heiterkeit oder auf Wut gestoßen. Was mir dort an die Adresse der Regierungsparteien an Botschaften mitgegeben wurde, das kann ich hier in diesem Haus nicht wiederholen, denn dann käme der Präsident mit Ordnungsrufen wohl nicht mehr nach.

Daß wir es einmal mehr geschafft haben, Österreich zum internationalen Gespött zu machen, ist wirklich traurig (Zwischenruf des Abg. Mag. Mühlbachler ) , aber was noch viel wichtiger ist, Herr Bundesminister: Eigentlich sollten wir in Richtung Kostenwahrheit im Verkehr und auch in Richtung sinnvoller Privatisierungen nicht nur weiterdenken, sondern auch weiterhandeln. Mit diesem Schildbürgerstreich der Vignettenregelung ist einerseits ein sinnvolles Prinzip der Kostenwahrheit im Verkehr restlos diskreditiert worden – und zwar von der Anlage her, nämlich wie dieses Pickerl konzipiert ist, aber noch viel mehr aufgrund der Durchführung –, andererseits ist auch der Privatisierungsphilosophie großer Schaden zugefügt worden.

In diesem Bereich, Herr Bundesminister, hat Privatisierung nichts verloren. Die Kostenwahrheit im Verkehr ist eine der wichtigsten ökologischen Aufgaben. Auf diesem Gebiet herrscht mit Sicherheit Marktversagen, daher wäre der Staat gefordert. Es ist eine absolut untaugliche Ausrede, Herr Bundesminister, wenn Sie sagen, Sie hätten das Gesellschaften übergeben, die ihre Verantwortungsbereiche haben – ich frage: Wo denn? –, und Sie seien auf das Aktienrecht beschränkt.

Erstens, Herr Bundesminister, stimmt das nicht. Ich frage Sie: Was hat Herr Hessle im Bereich der Mautregelung, im Bereich der Vergabe dieses Auftrages getan? Was tun die beiden Mitglieder des Beirates, die Ihrem Ressort angehören? – Däumchendrehen? Oder was ist ihre Aufgabe?

Zweitens: Wenn man schon erkennt, daß das keine private Aufgabe ist, sondern Kostenwahrheit im Verkehr durch den Staat gewährleistet werden muß, dann muß auch eine Regelung gefunden werden, bei der Sie nachher nicht sagen: Ich habe nicht können, was soll ich denn tun? Es wäre Ihre Verantwortung, dafür zu sorgen, daß im Rahmen der staatlichen Verwaltung – auch mit der strengen Amtshaftung – ein sinnvolles System eingeführt wird.

Herr Bundesminister! Sie haben gleichzeitig mit dieser Regelung die Rechtsstaatlichkeit und die Effizienz aufgegeben. Sie haben alle Nachteile verschiedener Systeme auf einmal angehäuft. Wenn es jetzt so weitergeht, daß neue Millionenaufträge ohne Ausschreibung verteilt werden – also ein klarer Bruch der Gesetze (Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP) –, dann meine ich, daß Sie die nächsten Vertragspartner wohl nicht in Chicago, sondern wahrscheinlich in Palermo suchen werden, so nach dem Motto: "Diese Regierung allein gegen die SteuerzahlerInnen".

Meine Damen und Herren! Offensichtlich haben Sie dabei schon die Arbeitsplatzschaffung im Auge, aber hier geht es augenscheinlich nur mehr um eine Arbeitsplatzschaffung im Bereich des Kabaretts und bei den KabarettistInnen. (Abg. Dr. Maitz: Oberkabarettistin!) Wer von der Schaffung von Arbeitsplätzen profitieren wird, ist wahrscheinlich das Team von Ö 3, denn es fragen sich ja wahrscheinlich nicht nur die Feministinnen, wann dem "Vignetten-Man" endlich das


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