Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 58. Sitzung / Seite 115

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schaffenrath. – Bitte, Frau Abgeordnete.

16.29

Abgeordnete Maria Schaffenrath (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist schade, daß Kollegin Madl jetzt nicht mehr anwesend ist. Ich halte es keineswegs für meine Aufgabe, die Frauenministerin zu verteidigen, muß aber Kollegin Madl, wenn sie sich für die Gleichbehandlungsanwaltschaften in den Bundesländern so stark macht, daran erinnern, daß ihre Kollegin Haller diese Anwaltschaften im Gleichbehandlungsausschuß als Nebensächlichkeit, als etwas, was Frauen überhaupt nicht interessiert, abgetan hat.

Der Kinderbetreuungsscheck der Freiheitlichen ist eher eine frauenfeindliche als eine -fördernde Maßnahme. Ich würde gerade die Kollegen und Kolleginnen von der Freiheitlichen Partei bitten, sich die Zitate ihres Parteiobmannes noch einmal in Erinnerung zu rufen, der meinte, daß die Selbstverwirklichung der Frau eine Illusion sei; sie möge doch daheim bleiben und das Heranwachsen der Kinder zu guten und tüchtigen Menschen beobachten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich betrachte es ja schon als Fortschritt, daß heute die Diskussion über Frauenangelegenheiten nicht beim letzten Tagesordnungspunkt stattfindet. Allerdings sind die zu diskutierenden Berichte nur eine Beschreibung eines tatsächlich traurigen Zustandes im Bereich der Frauenpolitik, und sie beschränken sich mehr oder weniger auf das Niederschreiben von bereits bekannten Tatsachen, was ich auch schon im Ausschuß bemängelt habe. Leider fehlen konkrete Maßnahmen und Zielvorgaben in den einzelnen Ministerien.

Ich halte es nicht für richtig, hier die Frauenministerin als einzelne Person für alles zur Verantwortung zu ziehen. In allen Ministerien besteht akuter Handlungsbedarf, und ich glaube, daß gerade in diesem Bereich die Regierung einmal mehr nach dem Motto "Reden statt handeln!" vorgegangen ist und ihre Reformunfähigkeit unter Beweis gestellt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ! Ich kann Ihnen den Vorwurf nicht ersparen, daß Ihr Noch-Bundeskanzler Vranitzky im Wahlkampf 1994 groß versprochen hat, daß von 150 000 neuzuschaffenden Arbeitsplätzen 50 000 auf Frauen entfallen sollten. Es ist leider beim Denken geblieben. Ich kann Ihnen auch den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie noch 1995 mit dem berühmten und fast schon berüchtigten Slogan "Wir werden nicht zulassen, daß ..." in die Wahl gegangen sind. Frau Ministerin! Ihnen kann ich den Vorwurf nicht ersparen, daß Sie es als Mitglied des Verhandlungsteams zugelassen haben, daß wichtige frauenpolitische Anliegen im Koalitionsübereinkommen gestrichen und im Sparpaket II einige für Frauen sehr einseitig benachteiligende Maßnahmen gesetzt wurden. Ich erinnere nur an den Nachkauf von Pensionszeiten, die De-facto-Kürzung von Karenzzeiten für Alleinerzieherinnen und so weiter.

Besonders nachteilig wirkte sich aus, daß die Gleichstellungspolitik als fester Bestandteil von Wirtschafts- und Strukturpolitik gestrichen wurde, was auch prompt dazu führte, daß in allen großen Berichten des letzten Jahres zur wirtschaftlichen Situation in Österreich das Wort "Frauen" nicht einmal mehr vorgekommen ist.

Ich bedauere es wirklich sehr für die Frauen in Österreich, daß die SPÖ – fast möchte ich sagen – in die Knie gegangen ist vor einer nicht existierenden Frauenpolitik einer neokonservativen ÖVP, die Frauen nach wie vor nur als Teil der herkömmlichen Familie und als kostenlose Sozialhelferinnen definiert.

Es zeigen sich bereits die ersten negativen Auswirkungen: Die ohnehin unterdurchschnittliche Frauenerwerbsquote ist rückläufig, und die Arbeitslosenzahlen steigen bei den Frauen deutlich stärker als bei den Männern.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Ministerin! Ich gebe gerne zu, daß gerade Sie in letzter Zeit einige dieser Themen aufgegriffen haben. Es geht gar nicht darum, wie


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