Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 15

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steuerreform eigentlich kaum drei Jahre zurückliege. Das stimmt schon, aber im Jahre 1993 betrug das Einkommen von Lohnsteuerpflichtigen 139 Milliarden Schilling, und im Jahr 1994 ist es um 4,3 Milliarden Schilling zurückgegangen.

Die letzte wirkliche Steuerreform erfolgte bereits im Jahre 1989. Damals gab es ein Lohnsteueraufkommen von 88 Milliarden Schilling; dieses ist bis zum Jahr 1996 auf 160 Milliarden Schilling angewachsen. Das bedeutet Mehreinnahmen von 72 Milliarden Schilling alleine aufgrund der Lohnsteuereinnahmen des Finanzministers. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

All das, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde auf dem Rücken der Arbeitnehmer, der unselbständig Erwerbstätigen in Österreich ausgetragen.

Durch das Ausverhandeln flexibler Arbeitszeiten, ohne gleichzeitig eine Steuerreform zu vollziehen, haben wir jetzt die Bescherung. Eine flexible Arbeitszeit nur auf dem Rücken der Arbeitnehmer, die eine Lohneinbuße erleiden, bedeutet, wie zum Beispiel bei mir im Betrieb zu sehen, daß, wenn jemand 12 500 S netto verdient, er im Jahr einen Einkommensverlust von netto 6 000 S hat – und das bitte bei einem so geringen Verdienst. Am meisten trifft das jene Bevölkerungsschicht, jene Arbeitnehmer, die zwischen 12 500 S und 25 000 S netto im Monat verdienen. Diese Arbeitnehmer werden extrem bestraft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich vermisse, daß der Österreichische Gewerkschaftsbund bei den Verhandlungen betreffend flexible Arbeitszeiten nicht gleich auch mit verhandelt hat, daß, wenn schon mehr Mobilität auf dem Arbeitsmarkt gefordert wird, diese Flexibilisierung sozusagen gleich durchgeführt wird, dann ein Abfertigungsanspruch auch bei Selbstkündigung schlagend wird. Ansonsten werden wir in ein paar Jahren überhaupt niemanden mehr haben, der noch eine Abfertigung bekommt, denn jene Mitarbeiter, die noch keinen Abfertigungsanspruch haben, werden auch in Zukunft diesen Anspruch nicht erreichen, weil sie eben vorher gekündigt werden. Damit ist aber der geforderten Mobilität auf dem Arbeitsmarkt auch nicht geholfen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Was bedeutet dieses flexible Arbeitszeitmodell im großen und ganzen? Ich habe mit vielen Mitarbeitern gesprochen. Wir in unserem Betrieb haben ein Prämiensystem und Mitarbeiter, die viele Überstunden geleistet haben. Sie haben diese jedoch nicht deswegen gemacht, weil sie so arbeitswillig sind, sondern weil sie das Geld zum Häuslbauen oder zur Anschaffung einer neuen Wohnung einfach gebraucht haben. Und dieses Geld geht den Leuten jetzt ab. Viele meiner Kollegen müssen nun Einkommenseinbußen von 4 000 S bis 6 000 S im Monat hinnehmen!

Wenn jemand mit diesem Einkommen pro Monat rechnet, es aber dann nicht mehr bekommt, was bleibt ihm dann übrig? Durch die flexibilisierte Arbeitszeit haben diese Mitarbeiter eher Minusstunden, weil sie eine Teilzeitbeschäftigung nebenbei annehmen müssen, damit sie dort auch Geld verdienen, oder sie müssen pfuschen gehen. Sie werden ja geradezu in den Pfusch gedrängt, damit sie das Geld verdienen, das sie jetzt legal leider nicht mehr verdienen können. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Da hast du schlechte Betriebsvereinbarungen getroffen!)

Herr Kollege Koppler! Hättest du dich und der gesamte ÖGB bei den Verhandlungen ein bißchen mehr für die Mitarbeiter eingesetzt, dann wäre vielleicht etwas Gescheiteres herausgekommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Koppler! Mich wundert es nicht mehr, daß der ÖGB so einen Mitgliederschwund zu verzeichnen hat. Mir als ÖGB-Mitglied tut das ja ein bißchen leid, denn wenn ich heute Broschüren vom Österreichischen Gewerkschaftsbund mit der Aufforderung zur Mitgliederwerbung bekomme – zu wem soll ich denn gehen? Wen soll ich werben? Wer will denn noch beitreten?! Da jagt mich doch jeder zum Teufel. Ich darf nicht einmal mehr den Mund zu diesem Thema aufmachen. Das ist das Problem heute in den Betrieben! Das ist alles nicht so einfach! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber, Herr Kollege Koppler, das trifft alle Arbeitnehmer, da geht es nicht nur um den Gewerkschaftsbund, der jetzt einen eklatanten Mitgliederschwund zu verzeichnen hat. Das ganze


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