Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 26

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nein, Frau Abgeordnete, die Redezeit ist beendet! Ich muß alle gleich behandeln.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Helmut Peter.

12.06

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Finanzminister! Meine Damen und Herren! Herr Professor Nowotny hat uns eine Lehrstunde über Demagogie gegeben: Er hat die Freiheitliche Partei der Demagogie geziehen – und war selbst Demagoge.

Ich bin nicht der Meinung des Herrn Landeshauptmann-Stellvertreters Grasser bezüglich seiner Vorschläge zur Beschäftigungspolitik. Aber, meine Damen und Herren des Hohen Hauses, ich halte es für unerträglich, den Betrieb seiner Familie, an dem Herr Grasser nicht beteiligt ist und der von seinen Eltern geführt wird, hier in die Diskussion einzubeziehen. Wenn es in diesem Familienbetrieb eine illegale Beschäftigung gegeben hat, so bedauere ich das. Ich halte es aber im Sinne einer nicht existierenden Sippenhaftung sowie als Unternehmervertreter und Wirtschaftspolitiker für unerträglich, die Firmen von Verwandten und Bekannten von Politikern hier in die Diskussion hereinzuziehen – und genauso unerträglich ist es, umgekehrt die Handlungen von Politikern auf Firmen auszutragen. Ich bitte Herrn Professor Nowotny, das in Zukunft nicht wieder zu tun, denn das ist blanke Demagogie, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Freiheitlichen.)

Es ist sicherlich auch Demagogie – darin gebe ich Nowotny recht –, kurz vor Wahlen – und es gibt ja immer Wahlen – wieder Lohnsteuersenkungen zu verlangen. Jeder weiß, daß diese hier und heute nicht darstellbar sind. Die Nationalbankreserven zum 34. Mal zu verwenden, grenzt irgendwann an Lächerlichkeit. Wie oft wollt ihr (der Redner schaut in Richtung der Freiheitlichen) die Nationalbankreserven noch verwenden? Schließlich glaubt euch das nicht einmal mehr der letzte im Bierzelt. Das ist eine Art von Politik, die des Hohen Hauses nicht würdig ist. Immer wieder müssen wir uns den schwachsinnigen Vorschlag anhören: Verwendung der Pensionsreserven der Nationalbank! Das ist schon die fünfte Verwendung, die ich höre. So etwas Dummes ist mir noch nicht passiert, das ist doch unerträglich. Wofür halten Sie uns hier herinnen? (Beifall beim Liberalen Forum.)

Fest steht aber auch, Herr Bundesfinanzminister, daß Sie bewußt Zahlen zitieren, von denen Sie ganz genau wissen – darin ist Ihnen Frau Frieser gefolgt –, daß sie nicht stimmen. Wenn Sie heute sagen, die Steuer- und Abgabenquote in Österreich betrage 42 Prozent, dann sagen Sie doch bitte dazu, daß dies der Wert des Jahres 1995 ist! Sagen Sie bitte auch dazu, daß jetzt, im Jahre 1997, die Steuer- und Abgabenquote aufgrund des Strukturanpassungsgesetzes wahrscheinlich bei 43,5 bis 44 Prozent liegt! Wenn Sie zitieren, dann zitieren Sie bitte mit Jahreszahl, dann zitieren Sie richtig! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Fest steht auch, daß die Lohnsteuer bis zum Jahr 2000, dem Jahr, in dem der Herr Finanzminister eine Reform machen will, auf 200 Milliarden Schilling, wenn nicht weit darüber steigen wird. Sie steigt wegen der viel zu starken Progression exponentiell. Herr Finanzminister, warum bezeichnen Sie das, was Ihre Vorgänger 1989 und 1994 getan haben, als Reform? – Das war keine Reform! Es war eine Progressionsminderung. Warum gehen Sie nicht wirklich eine Reform an? Warum nehmen Sie nicht zur Kenntnis, daß ein immer größerer Teil der Österreicher nicht nur über ein unselbständiges Einkommen verfügt, sondern darüber hinaus weitere Einkommensteile erwirbt: im Selbständigenbereich, im Werkvertragsbereich, aus Vermietung und Verpachtung, im Bereich landwirtschaftlicher Einkommen; es sind zwar noch kleine, aber wachsende Teile.

Warum haben Sie nicht den Mut, eine wirkliche Reform zu machen? Warum haben Sie nicht den Mut zu sagen: Wir gehen zur Selbstveranlagung des mündigen Bürgers über, der in allen sieben Einkommensarten jährlich einmal dem Staat gegenüber sein Einkommen offenlegt, aus welchen Teil auch immer es sich zusammensetzt.


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