Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 104

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Meine Damen und Herren! Die Auffassungsunterschiede darüber, ob mehr Bürokratie und mehr Amtsschimmel besser seien als gute Landesgesetze, können nicht sinnvollerweise zu einer Diskussion darüber führen, ob eine Partei das Tierquälen mehr oder minder in ihren Grundsätzen verankert hätte. Dagegen verwahre ich mich, das ist falsch und unrichtig! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wir haben deshalb einen Entschließungsantrag eingebracht, der den umfassenden Tierschutz europaweit regeln soll. Ich befinde mich, wenn ich so sagen darf, mit Frau Kollegin Motter in einem Boot, was die Tiertransporte anlangt. Auch ich bin der Meinung, daß Lebendtransporte von Schlachttieren zumindest nicht mehr gefördert, wenn nicht sogar verboten werden sollten, denn dann würde es sich aufhören, daß mit Billigimporten aus Holland, Belgien oder anderen EU-Ländern die österreichische Landwirtschaft unterlaufen wird. Das gehört beschlossen, Frau Kollegin Motter, darin bin ich mit Ihnen völlig einer Meinung und, wie ich glaube, alle anderen hier im Parlament vertretenen Parteien ebenfalls.

Deshalb ist es notwendig – ich appelliere wie Sie an die österreichischen Europa-Abgeordneten –, in Brüssel Lobbyismus für den Tierschutz zu betreiben, in Brüssel das Thema Tierschutz zu behandeln und Regelungen herbeizuführen, die europaweit greifen. Denn Tierschutz und Tierleid kennen, wie wir gehört haben, keine Grenzen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wie ich bereits gesagt habe, gibt es Auffassungsunterschiede. Auch meiner Meinung nach wäre ein Bundeskompetenz-Gesetz, demgemäß wir 36 Gesetze ändern und neu beschließen müßten, nicht zielführend.

Es hat kein Tier etwas davon, wenn wir hier zwar ein Bundesgesetz beschließen, aber dann die Kompetenz, die Durchführung und die Verordnung erst wieder den Ländern überlassen bleiben, so wie es vorgesehen ist. Was soll das? – Wir nehmen den Ländern die Kompetenzen, beschließen ein Bundes-Tierschutzgesetz und geben dann den Ländern die Kompetenzen wieder zurück.

Meine Damen und Herren! Das ist Bürokratie, das ist Amtsdschungel, der keinem Tier etwas nützt, der keinem Tier etwas bringt. Es geht auch – das müssen wir auch diskutieren – um die rechtliche Absicherung der Tierschutzarbeit und um die staatliche Ausfallshaftung. Es geht bei dieser Gesetzesvorlage auch um sehr viel Geld. Es geht um den Aufbau der Bürokratie und Tieranwaltschaften, die auch aus öffentlichen Mitteln bezahlt werden sollen. Darüber müssen wir diskutieren.

Es gehört folgendes auf den Tisch gelegt: Was kostet es? Was wird es kosten, wenn dieses Gesetz exekutiert werden soll? – Danach werden wir weiterreden. Ich glaube, daß es notwendig ist, diese Diskussion zu führen und mit den Ländern im Einklang zu marschieren, mit den Ländern einen Schulterschluß zu bilden und zu fragen: Was können wir gemeinsam für den Tierschutz in Österreich machen? – Wir können nicht einfach glauben: Wir machen ein Bundesgesetz, und damit sind wir aus der Verantwortung entlassen, und die Tiere werden geschützt.

Mit einem Gesetz, meine Damen und Herren, schützen wir kein einziges Tier. Nur zwei "Tiere" schützen wir damit: Einerseits füttern wir die Zeitungsenten mit Schlagzeilen und andererseits schützen wir mit dem Tierschutzgesetz den Amtsschimmel. Wie der Amtsschimmel wiehert, meine Damen und Herren, das möchte ich Ihnen noch kurz erläutern, obwohl es mit dem Tierschutz nichts zu tun hat, aber es ist zu befürchten, daß auch der bundesweite Tierschutz darunter leidet.

Es betrifft die Magistratsabteilung 37 in Wien. Am 22. Juni 1993 stellte ein mir bekannter Architekt ein Ansuchen um Bekanntgabe der Bauart des Gehsteiges und der Aussteckung, weil jemand ein Gebäude errichten wollte. – Ich betone: im Jahr 1993! – Am 11. Februar 1997 kam das Schreiben zurück, und der Architekt wurde aufgefordert, binnen 14 Tagen eine Vollmacht nachzureichen, sonst wäre das Ansuchen nicht mehr rechtsgültig. Vier Jahre lang, meine Damen und Herren, ist das Ansuchen bei der Magistratsabteilung 37 gelegen, und jetzt wird der Eingeber aufgefordert, innerhalb von 14 Tagen die Vollmacht nachzureichen.

Ich wollte Ihnen damit nur drastisch vor Augen führen, was mehr Bürokratie heißt, was mehr Bürokratismus heißt. Es bringt dem Tier nichts, wenn wir hier ein Gesetz beschließen, das nicht


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