Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 109

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Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich glaube, einige von Ihnen haben noch den Kinderreim im Ohr: Quäle nicht das Tier zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz.

Natürlich sind wir heute – mit einigen Ausnahmen – nicht mehr Tierquäler zum Scherz, aber unsere industrielle Gesellschaft ist aus wirtschaftlichen Überlegungen ein Tierquäler großen Stils und großen Umfanges geworden. Wir beklagen alle, daß wir einen wichtigen Wirtschaftszweig in diese Transformation gebracht haben – weg von der Landwirtschaft, hin zur Industrie.

Wir verwenden Methoden, und wir verwenden Grundsätze, wie sie in der Industrie sinnvoll sind, nämlich zum Beispiel die Kostendegression der Größe, die Rationalisierungseffekte bis zum letzten möglichen Äuzerl. Aber wir wissen heute – wir werden fast täglich daran erinnert –, daß wir einem großen Irrglauben aufgesessen sind. Wir wissen, daß Massentierhaltung, Lebendviehtransport und Hormonfütterung nicht nur tierquälerisch, nicht nur schädlich und nicht nur bedauerlich von diesem Aspekt her sind, sondern daß es danach auch noch eine viel größere und eine viel wirkungsvollere Keule gibt, die uns selbst trifft: der BSE-Skandal, die Schweinepest, die Salmonellenverseuchung. All diese Dinge sind von uns Konsumenten letztendlich auszutragen, und das ist nur ein Aspekt dieses großen und umfassenden Bereiches.

Wenn wir uns aber über diese Themen unterhalten – Herr Kollege Schwarzenberger, das wissen Sie –, dann sagen wir immer: Das ist eine EU-Angelegenheit; das können wir nicht mehr autonom regeln. – Diesbezüglich haben Sie natürlich recht. Es ist im wesentlichen eine EU-Angelegenheit, und es ist auch dort der Hebel anzusetzen.

Wir haben folgendes immer beschworen, als wir noch um den EU-Beitritt geworben haben: Wir werden dort laut vernehmbar und wirkungsvoll mitgestalten, wir werden die Stimme erheben, wir werden der EU in wichtigen Bereichen und bei wichtigen Themen unseren Stempel aufdrücken. – Das war mit ein Grund, warum die Bevölkerung Österreichs in solch großem Ausmaß dem EU-Beitritt die Zustimmung gegeben hat, nämlich unsere aktive Rolle. Jetzt haben wir in diesem Zusammenhang auch noch das Glück, daß wir in der EU einen Kommissar haben, der Österreicher ist, der Landwirtschaftsminister war und der seine Wurzeln – wie viele von uns, auch ich – in der bäuerlichen Bevölkerung beziehungsweise im bäuerlichen Bevölkerungsteil hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Es tut mir leid, daß mein Großvater ... (Abg. Dr. Leiner: Der Urgroßvater vielleicht!) – Nein, noch mein Großvater. Ich könnte es auch beweisen, aber es ist wahrscheinlich Ihnen gegenüber nicht der Mühe wert.

Wenn ich aber noch einmal auf das vorher Gesagte zurückkommen darf und wenn Sie, Frau Fekter, mir "mit Ihren Wurzeln" folgen würden, dann müssen wir doch feststellen, daß ein EU-Land, wenn es in der EU glaubwürdig die Stimme erheben möchte, irgend etwas vorleben muß. Es ist doch unerträglich, daß wir sagen: Die Massentierhaltung, die Subvention für den Export von Lebendvieh und die Transportsubventionen sind abzuschaffen!, aber selbst im Inland nicht einmal dazu kommen, eine Kleinigkeit zu regeln, und zwar eine in diesen Dimensionen vergleichbare Winzigkeit – und das ist ein bundeseinheitliches Tierschutzgesetz. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich verstehe Ihre Argumentation nicht. Ich glaube, Verantwortung zu spüren, Herr Donabauer, ist zuwenig. Verantwortung muß man tragen und nicht verspüren. Sie gehen heraus und sagen: Wir verspüren Verantwortung, und alle Tiere – ja selbstverständlich alle, nicht nur die Nutztiere, sondern auch die Haustiere, auch die Schildkröten, die von Ihnen strapaziert wurden – verdienen ein Tierschutzgesetz! – Aber warum nicht ein bundeseinheitliches, Herr Donabauer?! (Abg. Schwarzenberger: Der Bund muß erst Strukturen schaffen!)

Herr Schwarzenberger! Wenn Sie sagen, das sei bürokratieaufblähend, dann muß ich sagen, das stimmt schlicht und ergreifend nicht. Der Aufwand an Bürokratie hängt vom Gesetzesinhalt ab. Aber Sie werden mir doch nicht erklären, daß neun Landesgesetze besser sind und besser


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