Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 63. Sitzung / Seite 123

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behauptet!) Das wird er berichtigen, aber wir alle wissen, wie es wirklich ist, und jeder im Burgenland kann es erzählen.

Mein lieber Pauli! Wenn du mir jetzt auch eine Lüge nachsagst, dann werde ich dir "helfen", aber außerhalb des Parlaments. Das traust du dich aber eh nicht. Das hast du leicht einer Dame gegenüber machen können, aber bei mir bist du eher etwas zurückhaltend. (Unruhe und Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Die Volksgruppenförderung ist von 1994 auf 1995 immerhin von zirka 38 Millionen auf fast 53 Millionen angestiegen. Das ist ein Fortschritt! Man muß dazu aber auch sagen, daß dieser finanzielle Segen die einzelnen Volksgruppen, auf die nach arithmetischen Grundsätzen so halbwegs gleichmäßig verteilt worden ist, nicht gleichmäßig segensreich getroffen hat, denn der Status der Volksgruppen und damit auch ihr finanzieller Bedarf ist sehr unterschiedlich.

Ich wiederhole, was ich bei anderen Gelegenheiten bereits öfters erwähnt habe: Noch immer sind es die Roma und Sinti, die einen derart großen Nachholbedarf zu stillen haben, auch in sozialer Hinsicht, aber auch die Beseitigung echter Diskriminierung betreffend, daß sie mit den Beträgen, die sie bekommen, auch wenn es sich um Millionensummen im niedrigen Bereich handelt, nicht das Auslangen finden können.

Bei den Roma und Sinti hat sich, zumindest im Burgenland – in den anderen Bereichen siedeln sie nicht in dieser geschlossenen Form – nichts geändert. Noch immer haben ihre Häuser keine Unterkellerung und keinen festen Fußboden, sondern einen gestampften Erdboden, noch immer sind ihre Häusergruppen, in jeder Hinsicht, am Rand eines Ortes angesiedelt, außerhalb des Ortsgebietes. Die Roma und Sinti haben nach wie vor keine Wasserversorgung, keine entsprechende Entsorgung, häufig keinen elektrischen Strom und keinen Telefonanschluß.

Sie haben nicht nur mit einem ungeheuren Ausmaß an Arbeitslosigkeit zu kämpfen, sondern auch mit Analphabetismus, wie wir ihn uns in Mitteleuropa überhaupt nicht mehr vorstellen können. Sie müssen überall bei Null oder unter Null anfangen. Alles, was auf diesem Sektor in den letzten Jahren versprochen worden ist, ist nicht gehalten worden. Es wurde alles vergessen! Wer sich das dort anschaut, der wird sich davon überzeugen können: die Not ist echt und die Diskriminierung alt! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vor kurzem erst hat sich die Proponentin eines im Burgenland neu zu gründenden Roma-Vereins bemüht, für die Gründungsversammlung in einem Gasthaus ein Extrazimmer zu bekommen. Sie ist mit ihrem Anliegen aus 14 Wirtshäusern "hinausgeflogen", nachdem sie erklärt hatte, mit wem sie dieses Extrazimmer dort teilen möchte. Sie hat in eine Gemeindelokalität, auf ein Gemeindeamt, in ein Sitzungslokal gehen müssen, um mit einer Gruppe von Menschen, die einen sozialen Verein für die Roma – im Bezirk Güssing war das – gründen wollten, um endlich unter Dach und Fach kommen zu können. – Das sind die Dinge, mit denen wir uns vordringlich beschäftigen müssen.

Man kann die finanziellen Mittel nicht arithmetisch aufteilen und beurteilen, denn die Roma brauchen viel mehr, als sie bekommen. Bei anderen Volksgruppen ist das, obwohl natürlich alle Geld brauchen, weniger dringend als bei diesen Ärmsten der Armen. Ich lade alle hier im Hohen Haus ein, sich das an Ort und Stelle anzuschauen, zum Roma-Verein und in seine Räume in Oberwart zu gehen, sich anzuhören, was die dort – gar nicht dick auftragend und ganz ruhig und sachlich – erzählen, wenn es darum geht, erst einmal die Sprache zu Papier zu bringen, wenn es darum geht, mittels bildlicher Darstellungen Erwachsenen beizubringen, wie einzelne Gegenstände oder Tiere heißen und wie man diese schreibt. – Das ist bewegend und rührend zugleich!

Meine Damen und Herren! Es bedarf einer stärkeren Zuwendung, als das derzeit der Fall ist, finanziell, vor allem aber auch menschlich. Man muß ihnen menschlich entgegenkommen, ihr Mißtrauen überwinden und eine Brücke schlagen. Auch wenn das manchmal aus der Sicht derer, die dazu aufgerufen sind, nicht einfach und nicht leicht erscheinen mag, ist es ein Gebot der Stunde. Nur zu versprechen, wenn Journalisten in der Nähe sind, den Roma nur freundlich


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