Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 57

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Die Frau Ministerin hat in diesem Punkt einen besonderen Schwerpunkt gesetzt, denn es gibt eine Fülle von Möglichkeiten, besondere Talente zu fördern. Daher ist der Antrag der Freiheitlichen meiner Ansicht nach als überholt zu betrachten. Ich kann es mir aber auch nicht vorstellen, wie sich das praktisch abspielen soll: Klassen mit einem Stützlehrer für sonderpädagogischen Förderbedarf, mit dem Normallehrer dieser Klasse, dann vielleicht noch mit einem besonderen Lehrer für besonders Begabte. Das würde meiner Ansicht nach nur ein absolutes Durcheinander auslösen.

Generell zu diesem Thema möchte ich noch anmerken, daß ich die Einführung staatlicher Eliteschulen nicht für den richtigen Weg halte. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Es besteht die Gefahr, daß der Ehrgeiz der Eltern größer ist als die Begabung des Kindes. Darüber hinaus glaube ich, daß es für die emotionelle Entwicklung des Kindes nicht gut wäre, abgehoben, fern von den anderen Mitschülern und oft fern jeglicher Realität unterrichtet zu werden. Die Persönlichkeitsentwicklung braucht auch die Erfahrung, daß es Menschen mit den verschiedensten Lebensmustern und Begabungen gibt, wie das Leben eben auch vielfältig ist. Es ist Aufgabe der Schule, den gesamten Menschen, seinen Verstand sowie sein Gefühlsleben und die Herzensbildung zu fördern. Die österreichischen Schulen haben einen guten Ruf, und es gibt sehr viele, die sich darum bemühen. Denen sei besonders gedankt. Denn ein guter Lehrer ist oft für das ganze Leben eines Menschen wichtig. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

12.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Brauneder. – Bitte, Herr Abgeordneter. Redezeitbeschränkung: 6 Minuten.

12.00

Abgeordneter MMag.Dr. Willi Brauneder (Freiheitliche): Sehr verehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich spreche hauptsächlich zur Regierungsvorlage 383 der Beilagen und einigen Schlußfolgerungen, die sich daraus ergeben.

Wir wollen zuerst einmal positiv vermerken, und zwar positiv gerade vom Standpunkt des Parlamentariers aus, daß eine Erlaßpraxis durch ein Gesetz, durch ein von der Volksvertretung beschlossenes Gesetz ersetzt wird. Ich will das nochmals unterstreichen: Es muß das Anliegen des Parlaments sein, möglichst viele Materien selbst zu regeln und nicht der Verwaltung zu überlassen, da letzteres ein historisches Relikt von vor 100 Jahren darstellt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Allerdings ist diese sozusagen formale Freude durch mehreres getrübt. Sie ist einmal auch getrübt durch die parlamentarische Praxis, nämlich einem Beschluß, in diesem Falle des Unterrichtsausschusses, eine Ausschußfeststellung beizudrucken. Aus unserer Sicht ist die Freude gerade deswegen getrübt, weil wir dem Gesetzestext gerne unsere Zustimmung geben möchten, allerdings ist eben eine Ausschußfeststellung diesem Gesetzestext beigedruckt, der wir im Ausschuß unsere Zustimmung bewußt und mit Nachdruck nicht gegeben haben.

Da nun beides – Gesetzestext und Ausschußfeststellung – eine Einheit darstellt, werden wir uns nicht in der Lage sehen, diesem "Paket" unsere Zustimmung zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte etwas wiederholen, was ich schon im Ausschuß betont habe: Ein gutes Gesetz bedarf keiner zusätzlichen Feststellung. Es haben dies, wenn mich mein Gedächtnis nicht täuscht, auch die Experten der Ministerialbürokratie dort festgehalten. Wenn es so war, dann will ich mich dieser Meinung anschließen beziehungsweise diese Meinung vertreten. Der Gesetzestext für sich spricht ohnedies eine klare Sprache; eine zusätzliche Feststellung scheint mir völlig entbehrlich zu sein.

Es ist dieses "Paket" – Gesetzestext und Ausschußfeststellung – etwas, was man vielleicht in einer Heurigengegend mit dem G´spritzten vergleichen kann: Man formuliert den Gesetzestext – das ist der "Wein" –, und dann kommt das "Wasser" der Ausschußfeststellung hinzu. Das wäre an sich noch nicht so übel oder unangenehm, wenn man das Verhältnis zwischen Wein und Sodawasser kennen würde. Aber was wir nicht kennen, ist: Handelt es sich hier um einen


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