Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 67

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Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als letzter Redner ist Abgeordneter Dr. Rada zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.42

Abgeordneter Dr. Robert Rada (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geschätzte Damen und Herren in diesem Hohen Haus! Es liegt in der Natur der Sache, daß am Ende einer Debatte bereits sehr, sehr viele Argumente dargelegt worden sind. Es liegt aber auch in der Natur der Sache, daß am Ende einer solchen Debatte das eine oder andere Argument noch einmal kritisch betrachtet wird.

Bei der gesamten Problematik Begabungsförderung und Begabtenförderung hat mir in der Diskussion die differenzierte Betrachtungsweise sehr gefehlt. Es ist nämlich nicht gleich, ob ich von Begabungsförderung und Begabtenförderung im Bereich der Grundschule oder im Sekundarbereich spreche. Ich bekenne mich ebenfalls zum breiten Begriff der Begabungsförderung. Und ich möchte Kollegen Stampler sehr herzlich dafür danken, daß er den Zielparagraphen der Schule zitiert und dargestellt hat, daß all das, was heute mit einem Entschließungsantrag eingefordert wird beziehungsweise eingefordert werden soll, eigentlich schon festgeschrieben und nachzulesen ist.

Mir persönlich scheint eher sehr, sehr wesentlich zu sein, im Begabungsbereich die Begabungen richtig zu erkennen und zu fördern. Ein Beispiel: Wenn ich mich in die Grundschulsituation versetze und Kinder in einem bestimmten Zahlenraum rechnen müssen, und zwar alle die gleichen Rechnungen, wenn sie alle zur gleichen Zeit den gleichen Buchstaben lernen müssen, dann ist das nicht Begabungsförderung, sondern ganz im Gegenteil Demotivation und Begabungsverdeckung, Begabungsverdrängung.

Wichtig – und das muß unsere Forderung sein – ist der individualisierte Unterricht, nämlich all den Begabungen, Fähigkeiten und Fertigkeiten der Kinder in unserer Schule gerecht zu werden. Ich glaube, diesbezüglich hat sich Abgeordneter Schweitzer unnötig um das sozialdemokratische Bildungsprogramm Sorgen gemacht, denn es ist nicht unser Ziel, Begabungen zu verschütten, es ist schon gar nicht unser Ziel, eine Nivellierung nach unten zu betreiben, sondern es ist vielmehr unser Ziel, allen bestmöglich zu helfen.

Ich stelle mich daher gerne einem breit angelegten Begabungsdiskussionsprozeß. Nur kann ich mich persönlich nicht damit anfreunden, daß diese Begabtenförderung außerhalb, in elitären Bereichen, stattfinden soll. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Da haben Sie nicht zugehört!) Denn gerade in unserer Zeit scheint es mir zunehmend wichtig zu sein, daß die jungen Menschen in einem sozialen Umfeld aufwachsen, daß sie Soziales erleben, daß sie Soziales kennenlernen. Es ist wenig interessant und für die künftige Entwicklung nicht von Bedeutung, wenn Kinder frühzeitig einem Wettbewerb ausgesetzt werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich wünsche mir vielmehr den begabenden Lehrer, jenen, der die Talente, die in jedem Menschen vorhanden sind, erkennt, diese fördert und damit Begabung hervorbringt und letztendlich dem jungen Menschen das Gefühl vermittelt, daß er etwas wert ist, daß er ein wertvoller Mensch ist.

Abschließend möchte ich der Frau Bundesministerin recht geben, wenn sie in ihrem Beitrag gemeint hat: Zeugnisse für Lehrer – auch wenn das vielleicht nur die Medien so geschrieben haben – sind mit Sicherheit kein Qualitätsmerkmal für Schule, sind mit Sicherheit auch kein qualitätsförderndes Merkmal. Wichtig sind aber sehr wohl Mitarbeitergespräche, und zwar zwischen Schulaufsicht und Schulleitern, zwischen Schulleitern und Lehrern sowie zwischen Schulaufsicht und Lehrern. (Beifall bei der SPÖ.) In diese Mitarbeitergespräche unvorbereitete, unausgebildete Eltern miteinzubeziehen, halte ich derzeit für ein zu gewagtes Experiment. (Beifall bei der SPÖ.)

12.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor.

Die Debatte ist geschlossen.


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