Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 74

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

bedürftige, seit Jahren dringend anstehende Materie noch länger einigermaßen ruhigzuhalten und sich einer diesbezüglichen Debatte zu entziehen. Wir haben in dieser Woche schon Gelegenheit gehabt, auch über dieses Thema kurz zu reden, und ich hoffe und glaube, Herr Bundesminister, daß wir von der Bundesregierung auch noch Vorschläge bekommen, denn stillzusitzen und zu hören, wie die Bombe im Schrank tickt, heißt im amerikanischen Sprachgebrauch "fools paradise". Wir wollen aber keine Narren im Paradies sein, sondern wir wollen uns wenigstens den Gefahren und den Schwierigkeiten, die auf uns zukommen, sehenden Auges nähern.

Was mich am Bundesrechnungsabschluß am meisten alarmiert, Herr Bundesminister, ist allerdings die erwartete und nicht überraschende Entwicklung des Schuldenstandes. Herr Gartlehner, ich weiß, wir machen da – ich würde es einmal ein bißchen salopp ausdrücken – eine gewisse Pflichtübung, das ist mir schon klar, natürlich wiederholt jeder seinen Standpunkt, und jeder sagt, wir sind im internationalen Vergleich ohnehin gar nicht so schlecht. Das tröstet mich nicht. Es ist kein Trost, den anderen in die Pleite schlittern zu sehen und zu sagen, ich komme zwei Monate später dran. Es ist einfach eine Tatsache, daß wir einen Schuldenberg angehäuft haben, und zwar zu Lasten kommender Generationen angehäuft haben.

Die Frage, wie wir von diesem nunmehr hier stehenden Schuldenberg in der Höhe von 1 833 Milliarden Schilling herunterkommen werden, und zwar im Wissen, daß es 1996 mehr werden, 1997 mehr werden, 1998 mehr werden, 1999 mehr werden – in absoluten Zahlen auf jeden Fall –, die, bitte schön, hat noch niemand in diesem Haus oder von dieser Regierungsbank aus beantwortet. Für mich ist das eine bedrückende Perspektive, und hier, glaube ich, ist auch der größte Handlungsbedarf gegeben.

Sie, Herr Gartlehner und meine Damen und Herren von der Koalition, sollten nicht Belgien, Italien oder andere heranziehen, die in diesem internationalen Wettbewerb sicherlich vor uns pleite gehen werden, denn letztendlich werden wir eine Gemeinschaft der Pleitiers sein, und das ist keine Perspektive. – Ich danke Ihnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

13.15

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dkfm. Mühlbachler. – Bitte, Herr Abgeordneter. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

13.15

Abgeordneter Dkfm. Mag. Josef Mühlbachler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sehr geehrter Herr Präsident des Rechnungshofes! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Natürlich hat Herr Dr. Haselsteiner recht, wenn er hier bemerkt, daß die Diskussion um den Bundesrechnungsabschluß zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Korrekturen an diesem Ergebnis, das vorliegt, mehr zuläßt. Das haben alle Bilanzen so an sich (Abg. Dr. Haselsteiner: Das ist ja keine Bilanz!) , aber ich meine trotzdem, daß es notwendig ist, daß wir uns mit diesem Rechnungsabschluß kritisch auseinandersetzen, denn auf der einen Seite können wir doch beleuchten, welche Rahmenbedingungen anläßlich dieses Budgetvollzuges gegeben gewesen sind, wie schlußendlich der Vollzug war, wie sich der Budgetvollzug bewährt hat und welche politischen Akzentuierungen durch dieses Budget 1995 zum Ausdruck gekommen sind, und auf der anderen Seite sollten wir uns, glaube ich, auch einmal mit einem budgetären Phänomen auseinandersetzen, das sich in chronologischer Wiederkehr beobachten läßt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte in der Budgetgeschichte ein bißchen zurückgehen. Es ist doch allseits bekannt, daß die Österreichische Volkspartei, als sie in die Koalition eingetreten ist, dies mit dem Anspruch getan hat, das Budget sanieren zu wollen. Wenn man sich die Zahlen aus diesem Vorhaben verinnerlicht, dann glaube ich sehr wohl, daß es vorerst einmal gelungen ist, in die Nähe einer Budgetsanierung zu kommen, denn immerhin haben wir beispielsweise noch 1986 einen Abgang von 5,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes gehabt. Dieser konnte bis 1992 auf 3,2 Prozent abgesenkt werden. Das heißt, wir sind sehr nahe an das eine Maastricht-Kriterium, daß das Budgetdefizit nicht höher als 3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes sein sollte, herangekommen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite