Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 77

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Es war kein Zufall, daß der österreichische Schilling im Herbst 1995, nach der Regierungskrise, unter starkem Abwertungsverdacht stand. Das alles jetzt retrospektiv als besondere Meisterleistung der Bundespolitik und irgendeiner politischen Partei darzustellen und zu rekonstruieren liegt wirklich jenseits jeglicher trivialer Glaubwürdigkeit, Herr Kollege Mühlbachler! Das war eine Katastrophe! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Ungeplant, ungesteuert sind Sie in dieses Schlamassel hineingeraten. Es ist auch nicht richtig, daß erst ab dem Jahr 1995 das Defizit so ausgerissen ist, das war nach den Maastricht-Daten auch 1993 und 1994 schon der Fall. (Abg. Dkfm. Mühlbachler: Das habe ich nicht behauptet! Bis 1992, habe ich gesagt.) Ja, bis 1992. Das ist jetzt fünf Jahre her. (Abg. Dr. Haselsteiner: Bis 1991, Herr Mühlbachler!)

Wollen Sie es wirklich genau wissen? (Der Redner sieht in seinen Unterlagen nach.) Also: Das Maastricht-Defizit war 1992 geringer als 1991. Der wirkliche Strukturbruch ist ab 1993 erfolgt.

Das gleiche spiegelt sich natürlich im Schuldenstand wider, der sprunghaft zugenommen hat. Er stieg 1995 gegenüber 1994 von 65 auf 69 Prozent des Bruttoinlandsproduktes und steigt seither weiterhin an. Trotz der Sparpakete, Herr Kollege Mühlbachler, trotz der Budgets 1996 und 1997 steigt der öffentliche Schuldenstand insgesamt weiterhin ungebremst an. (Abg. Jung: Nicht ungebremst!) Das werden wir erst sehen!

Für 1997 – da haben Sie schon recht – gibt es zumindest interne Papiere des Finanzministeriums, die darauf hindeuten, daß der Schuldenstand gegenüber 1996 absinken könnte. Das setzt freilich vor allem voraus, daß die ASFINAG aus dem Schuldenstand der öffentlichen Gebietskörperschaften verschwindet. Das ist ein Volumen von rund 80 Milliarden Schilling. Ohne diese 80 Milliarden Schilling ist es ausgeschlossen, den Schuldenstand so wie gepant abzusenken.

Sie wissen ganz genau, daß es vor allem die ÖVP-Bundesländer sind, die sich der Zusammenfassung der Straßenbau-Sondergesellschaften mit der ASFINAG derzeit noch widersetzen. Das ist alles lediglich eine Hoffnung, Herr Kollege Mühlbachler! Passiert ist von diesen Sachen noch fast nichts, außer auf Gemeindeebene hinsichtlich der Verselbständigung der Gebührenhaushalte. Das ist aber nicht Bundessache.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine Frage anschneiden, die im Bundesrechnungsabschluß ebenfalls nicht thematisiert wird, nämlich die peinlichen Fehleinschätzungen, die sich Österreich in bezug auf die Notifikation in der EU bezüglich der Entwicklung von Defiziten und Schuldenstand leisten mußte oder leisten konnte. Es muß ja zweimal im Jahr nach Brüssel gemeldet werden, wie sich die Budgets entwickeln. In den vier Meldungen, die hier relevant sind, nämlich vom Februar und August 1995 beziehungsweise März und August 1996, mußten sowohl die Defizitwerte wie auch die Schuldenstandwerte jedesmal korrigiert werden, und zwar fast ausschließlich nach oben: Die Meldung vom Februar 1995 für das öffentliche Defizit lautete 108 Milliarden Schilling, vom August 1995 125 Milliarden Schilling, vom März 1996 – wo man es schon hätte wissen müssen, möchte man meinen – 145 Milliarden Schilling und vom August 1996 138 Milliarden Schilling.

Damit macht man sich international lächerlich. Ich hoffe, daß das nur der Ausreißer des Jahres 1995 war, in der besonderen Situation des ersten Jahres in der EU. Ähnliches läßt sich natürlich für den Schuldenstand sagen, aber mit diesen Daten verschone ich Sie jetzt.

Das ist nur zum Teil Schuld des Bundes, das muß man fairerweise dazusagen. Das große Problem ist, daß die Länder und vor allem die Gemeinden einen Time-lag, eine Verzögerung bei der Bereitstellung von Daten aufweisen, die unerträglich ist und unter anderem zur Folge haben wird, daß bei den endgültigen Verhandlungen über die Währungsunion im Frühjahr 1998 Österreich natürlich nur mit vorläufigen Daten in die Verhandlungen gehen wird.

Die Bundesdaten werden relativ konkret und abgesichert sein, obwohl sich etwa für das Jahr 1995 feststellen läßt, daß der vorläufige Gebarungserfolg nicht unerheblich vom schließlichen Bundesrechnungsabschluß abweicht. Aber die Länderdaten und vor allem die Gemeinde


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