Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 78

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daten über die Jahre 1996/1997 werden auch im Frühjahr 1998 noch nicht vorliegen, so wie die Sache derzeit ausschaut. Ich erwarte mir schon, daß der Rechnungshof auch diesbezüglich – auch wenn es hier und heute formal nur um den Bundesrechnungsabschluß geht – energisch tätig wird.

Abschließend zu diesem historischen Rückblick: Ich habe da noch zwei, drei Bemerkungen über den Bundesrechnungsabschluß, wie er nunmehr vorliegt. Er ist gekennzeichnet durch ein historisch einmaliges ausuferndes staatliches Defizit mit einer entsprechend sprunghaft ansteigenden Staatsverschuldung. Die Kraftakte, die seither passiert sind, Herr Kollege Mühlbachler, sind nicht etwa dem Genie der jeweiligen Finanzminister zuzuschreiben, sondern wurden ja erst aufgrund der Entwicklung des Jahres 1995 überhaupt notwendig. Das kann man jetzt nicht ex post als großen Erfolg interpretieren!

Herr Kollege Haselsteiner! Sie haben sinngemäß gesagt: Länder wie Belgien und Italien werden – wenn überhaupt – einige Zeit vor uns sozusagen den Bach hinuntergehen. – Ich kann diesen "Optimismus", dem Sie hier indirekt Ausdruck gegeben haben (Abg. Dr. Haselsteiner: Nicht teilen?) , nicht ganz teilen, denn der wesentliche Indikator dafür, ob ein Budget wirklich konsolidiert wird oder nicht, ist der Primärsaldo, das Primärdefizit, also das Normaldefizit minus Zinsausgaben. Belgien und Italien weisen aber schon seit 1996 Primärüberschüsse zwischen 4 und 5 Prozent des BIP aus, während Österreich für 1996 einen Primärüberschuß von nur 0,3 Prozent des BIP ausweist.

Um auf Daten wie Belgien und Italien – die zugegebenermaßen doppelt so hoch verschuldet sind wie Österreich – zu kommen, müßte sich der Primärsaldo ungefähr verfünfzehnfachen! Das würde bedeuten, daß sich das Defizit in einen Fiskalüberschuß verwandeln würde, und zwar auch im Normalbudget. Ich glaube, niemand von den 183 Abgeordneten ist so ehrgeizig, das anzunehmen.

Man muß zugeben, daß diese zwei Länder aufgrund ihrer Verschuldung eine spezielle Situation haben. Aber wenn Sie zum Vergleich etwa Dänemark und Schweden heranziehen, deren Verschuldung in Prozent des Sozialprodukts durchaus der Österreichs entspricht, dann sehen Sie, daß diese Länder positive Primärsalden aufweisen: Dänemark 5 Prozent und Schweden 3,6 Prozent. Das ist das Zehnfache der österreichischen Werte!

Ich bin jetzt schon gespannt darauf, wie die österreichischen Budgets für 1998 und1999 angesichts dieser Ausgangslage ausschauen werden, besonders angesichts des Konfliktes, in dem sich die Regierungsparteien befinden, nämlich einerseits zu sagen: Jawohl, wir konsolidieren, das ist notwendig, auch im Hinblick auf die EU, et cetera, et cetera, und andererseits die Versprechungen, die wir alle gehört haben, abzugeben, daß es kein drittes Sparpaket geben wird. Es wird sicher eines geben, die Frage ist nur, wie groß es sein wird.

Zum Bundesrechnungsabschluß. Herr Präsident Fiedler! Ich würdige selbstverständlich, so wie jedes Jahr, die gründliche Arbeit, die Sie und die Beamten des Rechnungshofs geleistet haben. Trotzdem möchte ich – auch so wie jedes Jahr – darauf hinweisen, daß ich mir angesichts der unendlich vielen Details, die es hier gibt, wünschen würde, daß vor allem im Einleitungskapitel und vielleicht aus gegebenem Anlaß auch im Verschuldungskapitel sozusagen die analytischen Probleme stärker betont werden. Es finden sich auch vereinzelt Formulierungen, die zwar nicht so gemeint sein werden, aber die man, wenn man boshaft ist, als eine Beschönigung der Lage interpretieren könnte.

Auf Seite 21 lese ich zum Beispiel einige Sätze über die Entwicklung des administrativen Defizits, nämlich daß zwar die Ausgabenansätze um 12 Milliarden Schilling überschritten wurden, davon aber wiederum genau 12 Milliarden Schilling Rücklagenzuführungen waren, sodaß de facto keine Ausgabenüberschreitung zu verzeichnen gewesen wäre.

Herr Präsident! Das gilt natürlich nur, wenn Sie das administrative Defizit in der klassischen Abgrenzung anschauen. Wenn Sie das Maastricht-Defizit des Bundessektors insgesamt anschauen, dann werden Sie dort eine Überschreitung von 11 Milliarden Schilling feststellen


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