Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 80

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Auch die Erlöse aus Privatisierungen wurden optimistischer angesetzt. Offensichtlich hat der Wille zur Privatisierung nicht genügt, denn die Erlöse aus den zustande gekommenen Privatisierungen konnten das Ergebnis des Rechnungsabschlusses 1995 nicht positiv beeinflussen.

Es gibt natürlich viele Beispiele, und die Statistik ist sehr geduldig. Ich bin überzeugt davon, daß jeder korrekte Statistiken heranzieht, wenn er auch international argumentieren will, aber jeder verwendet eben die Statistik, die ihm genehm ist.

Ich möchte aber doch in aller Bescheidenheit anmerken, daß ich eher Vergleiche mit jenen Ländern anstelle, mit denen es sehr enge wirtschaftliche Verflechtungen gibt, weil es auch wechselweise Beziehungen gibt und unter Umständen positive oder auch negative gegenseitige Einflüsse.

Ich meine daher: So interessant manche Statistik der Entwicklung der amerikanischen Politik auch ist – für mich ist das aus vielerlei Gründen eigentlich kein Maßstab. Sie kennen den vielfach kolportierten Witz: Es unterhalten sich zwei Amerikaner, und der eine sagt: Hast du schon gehört? Es gibt fünf Millionen Arbeitsplätze mehr! – Darauf sagt der andere: Weiß ich, drei davon habe ich.

Ich glaube, das kann es nicht sein. Wir haben eine andere Arbeitsmarktpolitik zu machen, wir haben andere Kriterien anzusetzen. Wir leben auch in einem historisch völlig anderen Umfeld, und unsere Empfindungen, unsere Neigungen und natürlich auch unsere Sorgen sind zum Teil andere als anderswo.

Meine Damen und Herren! Natürlich sind manche sehr optimistische Schätzungen nicht eingetroffen. Ich möchte aber darauf verweisen, daß man sich auch im Vollzug des Budgets 1995 – in einer tatsächlich ganz neuen Phase unserer politischen Entwicklung, denn der Beitritt zur Europäischen Union ist ja nicht irgendein Ereignis gewesen, sondern ein extrem gravierendes, und es war von allem Anfang an klar, daß viele Effekte, die es durch den Eintritt in den größeren Wirtschaftsraum geben wird, mittelfristig zu sehen sind – bewußt war, daß natürlich die Effekte von Beitragszahlungen etwa in privaten Bereichen eintreten werden. Diese Effekte sind mit sehr großer Wahrscheinlichkeit nicht in jenem Umfang eingetreten, der es ermöglicht hätte, daß die Umwegrentabilitäten letztendlich auch budgettechnisch sichtbar geworden wären.

Ich kenne das natürlich auch aus den Mechanismen eines Budgets, das ich im Jahr 1995 in einer anderen Gebietskörperschaft zu verantworten hatte. Da war es nicht so gravierend, aber sehr wohl auch spürbar und merkbar, und es war gar nicht so einfach, auch dort den entsprechenden Rechnungsabschluß zu legen.

Ich möchte aber trotzdem darauf hinweisen, daß diese Regierung trotz der schwierigen Situation damals für sozial- und wirtschaftspolitische Initiativen gewaltige Beträge ausgegeben hat. 213 Milliarden – also jeder vierte Budget-Schilling – wurden damals für soziale Wohlfahrt ausgegeben, 68 Milliarden für die Sozialversicherung, 56 Milliarden für Arbeitsmarktpolitik und fast 56 Milliarden für den Familienlastenausgleich.

Es wurden für Forschung und Wissenschaft, für Wohnungsbau, für Eigeninvestitionen des Bundes, für Investitionsförderung insgesamt mehr als 85 Milliarden Schilling ausgegeben, und damit konnte auch in dieser schwierigen Zeit ein entsprechender beschäftigungswirksamer Impuls gegeben werden.

Es ist aber richtig, daß die Finanzschulden des Bundes in diesem Jahr um fast 117 Milliarden Schilling gestiegen sind, eine Entwicklung – Herr Abgeordneter Haselsteiner hat schon darauf aufmerksam gemacht – , die zwar gebremst wird, die aber noch nicht ganz zum Stillstand gekommen ist. Das ist eben die Dynamik eines Budgets.

Ich glaube auch, daß niemand in diesem Hause den Finanzminister ernsthaft auffordern würde, die Schulden innerhalb von ein oder zwei Jahren zu minimieren, denn das würde eine Art von Budgetpolitik auslösen, von der, wie ich glaube, jeder Abstand nehmen möchte.


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