Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 64. Sitzung / Seite 137

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deutet das, Herr Bundesminister, die Aushöhlung und das Aushungern des Milizsystems. Ich möchte mit aller Deutlichkeit darauf hinweisen, meine Damen und Herren, daß eine solche Vorgangsweise im krassen Gegensatz zu den Bestimmungen des Wehrgesetzes steht, denn der § 1 sagt ja ganz klar und deutlich: Das Bundesheer als die bewaffnete Macht der Republik Österreich ist nach den Grundsätzen eines Milizsystems einzurichten.

Herr "Bundesheerminister"! Ich empfinde es auch als einen echten Mangel, daß es keine generelle Übersicht zum Personaleinsatz der 21 700 Planstellen des Bundesheeres gibt. Wir hätten gerne Aufschluß darüber, wie viele Planstellen in den Zentralstellen, nicht nur in nachgeordneten Dienststellen, wirklich eingespart worden sind oder in andere Bereiche verschoben wurden. (Abg. Mag. Steindl: Im Ausschuß hätten Sie alles diskutieren können!)

Die tatsächlichen Einsparungen, Herr Kollege, interessieren uns. Das ist die wichtige Frage, und die bedarf einer sehr konkreten Antwort. Eine solche ist aber bis heute nicht erfolgt.

Auch die Altersstruktur des Bundesheeres sollte dargestellt werden. Ich glaube, das gehört in einen Zustandsbericht sehr wohl mit hinein.

Und ein Weiteres, Herr Bundesminister: Obwohl das Bundesheer immer wieder Umfragen über die Motivation des Kaders und der Grundwehrdiener in Auftrag gibt, fehlt in diesem Situationsbericht jeder Hinweis darauf.

Für die neuen Aufgabenstellungen des österreichischen Bundesheeres bedarf es ja grundsätzlicher Maßnahmen zur Straffung der Heeresstruktur, und Ausgangspunkt dieser Strukturänderung muß der Grundsatz sein, daß all diese Maßnahmen in einem Gesamtkonzept geregelt sind, nachvollziehbar sind und künftig isolierte Maßnahmen ausgeschlossen sind. (Abg. Jung: Ich glaube, jetzt fordert er den Rücktritt!)

Es besteht kein Grund für eine Rücktrittsaufforderung, Herr Kollege, sondern wir wollen zu dieser an sich guten Arbeit nur sinnvolle Ergänzungen, weil viele Punkte hier offen sind. Das wird von uns hier eingefordert, denn wir sollten uns alle gemeinsam um eine effiziente Landesverteidigung bemühen.

Herr Bundesminister! Wir wissen, daß das Bundesheer in seiner obersten Führungs- und Verwaltungsebene überdimensioniert ist. Das liegt daran, daß 1992 zwar die Mobilmachungsstärke von 300 000 Mann auf 120 000 Mann reduziert wurde, aber Reduktionsmaßnahmen im Führungs- und Verwaltungsapparat nur marginal erfolgt sind. Dadurch explodieren natürlich die Fixkosten, und der Investitionsspielraum wird immer geringer.

Trotzdem muß bei den Umstrukturierungsmaßnahmen darauf geachtet werden, daß die Verfügbarkeit von präsenten Verbänden erhöht wird und auch der Zeitbedarf für die Einnahme der Einsatzorganisationen berücksichtigt wird. Das heißt, es ist nicht erforderlich, Quantität zu produzieren, sondern es müssen qualitativ hochstehende Verbände in relativ kurzer Zeit verfügbar sein. Darum geht es uns, und diesbezüglich wollen wir doch gemeinsam etwas erreichen.

Die Tendenz zu einer mehr oder weniger verpflichtenden Teilnahme an der Friedenssicherung, aber auch die Beteiligung an internationaler Katastrophenhilfe und humanitären Einsätzen ist steigend, und das bedeutet, daß Österreich für diese multinationalen Einsätze gerüstet sein muß. Daher muß für diese Aufgabe eine erhöhte Verfügungsbereitschaft von militärischen Einheiten sichergestellt werden. Mit den derzeitigen Strukturen und den derzeitigen Abläufen können diese internationalen Aufgaben aber weder in qualitativer noch in zeitlicher Hinsicht erfüllt werden.

Es gäbe noch eine ganze Reihe von Maßnahmen, die ich hier ansprechen könnte, Maßnahmen zur Verbesserung der Effizienz des Bundesheeres, Maßnahmen, die auch Auswirkungen im finanziellen Bereich haben, aber ich möchte mich nur auf einige wenige beschränken.

Grundsätzlich, Herr Bundesminister, sollten alle diese Maßnahmen in Angriff genommen werden, und das heißt, daß aus Reden Praxis werden muß.


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