Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 110

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Ich habe gesagt, daß ich kaum glaube, daß eine Genehmigung für eine Freisetzung kommen wird, bevor nicht diese Entscheidung über das Gentechnik-Volksbegehren gefallen ist. Unsere Zielsetzungen müssen sein: Sicherheit, Verbraucherschutz, Verträglichkeit – und zwar Umwelt- und soziale Verträglichkeit –, Information, Transparenz, auch was Kennzeichnung betrifft. Es ist schon sehr viel von der Kennzeichnung gesprochen worden. Wichtig ist uns aber auch der Tier- und Artenschutz.

Wir müssen über diese Problematik wirklich einen weitreichenden Dialog führen. Ich denke, daß das heute hier eine Fleißaufgabe war. Denn vor dem Gentechnik-Volksbegehren kann nur Information stattfinden. Entscheidungen kann man nicht vorwegnehmen. Das wäre eine Mißachtung der Initiatoren dieses Volksbegehrens. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Leiner. – Bitte.

15.49

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur vorausschicken, Frau Petrovic, die Damen und Herren waren auch bei der zuständigen Gesundheitsministerin. Es ist unrichtig, daß sie nicht auch bei SPÖ-Ministern waren. Das ist sehr wichtig, weil das hier ganz besonders betont wurde. (Abg. Dr. Lukesch: Das war eine wichtige Feststellung!)

Ich gebe Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter Buchleitner völlig recht, wenn er in einem Zeitungsinterview der "SN" sagt, daß die Gentechnik in der breiten Bevölkerung ein "Bauchthema" ist, also ein von Emotionen beherrschtes Thema. 80 Prozent der Menschen wissen laut Umfragen über die Chancen und Risiken der Gentechnik viel zuwenig Bescheid. Es ist daher erklärbar, daß sie diese auch im Lebensmittelbereich ablehnen. Wir sollten wesentlich mehr seriöse Information bieten und nicht Angstmacherei betreiben, wie es von den Grünen dauernd gemacht wird. Wir sollten wissen, daß es ein gentechnologiefreies Österreich nicht gibt. Darüber müssen wir uns einmal klar sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Nun einige Bemerkungen zum Gentechnikvolksbegehren. Statt eines Verbots gentechnologischer Lebensmittel wären Information und eine Wahlmöglichkeit der Konsumenten, die durch eine angemessene Kennzeichnung sichergestellt wird, zu fordern. Wir wissen, daß es in Bayern schon jetzt Dutzende, Aberdutzende Freisetzungen gentechnisch veränderter Pflanzen gibt. Es muß sich nur um streng kontrollierte Forschungsergebnisse und -projekte handeln, dann ist nichts dagegen einzuwenden. Im Gegenteil, dabei wird die Risiko- und Sicherheitsforschung eigentlich erst richtig angeregt und vorangetrieben.

Zweitens: Das Volksbegehren bedeutet – und darauf möchte ich schon hinweisen – de facto doch eine starke Behinderung der gentechnischen Forschung auch im Bereich der Medizin und in der Folge auch die Verhinderung wirksamer Therapien von heute nur symptomatisch oder gar nicht heilbaren Krankheiten. Der Patentschutz biotechnologischer Erfindungen – ich weise hier auf Medikamente hin – wäre ja gar nicht denkbar. Denken Sie, wie der Herr Minister schon erwähnt hat, an das gentechnologisch hergestellte Insulin oder an das Erythropoetin, das so vielen nierenkranken Menschen hilft, ohne Blutkonserven weiterleben zu können.

Ich denke hier auch in bestimmten Bereichen an transgene Tiere und erwähne diesbezüglich die Onko-Maus. Wir wissen, daß es Krankheiten von Menschen gibt, die bei Tieren nicht vorkommen, und wir können diese gentechnologisch auch im Tier erzeugen. Damit können wir Medikamente entsprechend testen. Andererseits können wir Substanzen herstellen. Ich erinnere an das transgene Schaf, das den Faktor 8 produziert. Der Faktor 8 ist ein Gerinnungsfaktor, der dem Menschen verabreicht werden kann. Dieser wurde früher aus dem Plasma hergestellt, und wir wissen, daß damit Aids in den ersten Phasen den gerinnungsgestörten Patienten übertragen wurde. Das sind doch alles Dinge, die wir bei unseren Forderungen mit überlegen müssen.

Diese Probleme müssen natürlich kritisch beobachtet werden, und dabei muß das Gentechnologiegesetz weiterentwickelt werden. Hinterfragungen dieser Problemkreise können wohl nicht direkt vom Hohen Haus getätigt werden; ich glaube, daß da die Fachleute gefordert sind.


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