Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 180

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Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Van der Bellen. – Bitte, Herr Abgeordneter. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Dr. Khol: Diesem Redner zuzuhören, ist auch in 5 Minuten interessant!)

21.04

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister Bartenstein! Sie haben ein anregendes Stichwort fallenlassen, das Wort "Betriebsprüfer" ist so nebenbei gefallen.

Spielen wir das einmal durch: Nehmen wir an, es gäbe einen Finanzminister namens Meier – ein unverfänglicher Name –, der, weil in der Verwaltung gespart werden muß, eines Tages auf die Idee kommt, die Betriebsprüfung und die Steuerfahndung ganz oder teilweise in Form irgendeiner gesellschaftsrechtlichen Konstruktion auszugliedern. Wir wissen, daß niemand gerne Steuern zahlt, deshalb muß die Steuerzahlung überprüft werden, schon damit die ehrlichen Steuerzahler geschützt werden. Deswegen werden die Betriebsprüfer weiterhin gebraucht, aber dieser Bereich wird ausgegliedert.

Außerdem erklärt "Finanzminister Meier" den Beamten von Betriebsprüfung und Steuerfahndung: Sehr verehrte Damen und Herren, Sie wissen, wie schlecht die Budgetsituation ist; ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Lohn- und Gehaltssumme mit sofortiger Wirksamkeit eingefroren ist, und von 1998 an können Sie nur dann mehr verdienen, wenn Sie sich die nötigen zusätzlichen Einnahmen auf dem freien Markt besorgen. Das bedeutet, daß man innerhalb von, sagen wir, zehn Jahren mit einer Gehaltseinbuße von rund 30 Prozent zu rechnen haben wird, wenn man sich diese Einnahmen nicht auf dem freien Markt verschaffen kann.

Die Steuerfahnder sind bekanntlich sehr gut ausgebildete Leute. Mit ihrem Know-how werden sie sofort ihre spezifische Chance auf dem Markt erkennen und feststellen, daß diese in der Steuerberatung liegt. (Abg. Dr. Khol: Auch ein überzeugendes Szenario!) Was werden sie also tun? – Montag bis Mittwoch machen sie Steuerfahndung, aber Donnerstag und Freitag betreiben sie Consulting und erklären ihren Kunden, wie man es vermeidet, Steuern zu zahlen.

Das klingt, wie Sie zugeben werden, nach einem absurden Szenario. Ich bin aber nicht überzeugt davon, Herr Bundesminister, daß es so absurd ist und überhaupt keinen Bezug hat zu dem, was Sie mit dem Umweltbundesamt vorhaben. Eine Gemeinsamkeit besteht sicherlich darin, daß das Umweltbundesamt auch Kontrollaufgaben zu tätigen hat. Der Unterschied ist, daß die Betriebsprüfer es immer mit Individuen und Firmen zu tun haben, das Umweltbundesamt jedoch nicht. Dieses ist von Zeit zu Zeit auch unterwegs, etwa auf der Donau, um dort etwas zu messen, oder irgendwo die Luftgüte zu überprüfen. Das ist zugegebenermaßen ein öffentliches Gut, und es kann nicht auf dem Markt verkauft werden, was dabei gemessen wird, weil es dafür keine private Nachfrage gibt.

Aber außerdem hat es das Umweltbundesamt mit Firmen oder Gemeinden zu tun, sozusagen mit Individuen, die überprüft werden. Wollen Sie mir nun weismachen, daß es dabei keinen ernstzunehmenden Interessenkonflikt gäbe? Es ist genauso wie bei den Betriebsprüfern. Wie soll das funktionieren, daß am Montag im Zuge der Überprüfung der Einhaltung irgendeines Immissions- oder Emissionsgesetzes eine Messung vorgenommen wird, und am Dienstag dieselben Leute ebendort vorstellig werden, um einen Auftrag zu bekommen?

Ich übertreibe jetzt, das ist mir klar. Aber man sollte die Dynamik des Ganzen betrachten: Jetzt werden die Gehälter eingefroren, und innerhalb relativ kurzer Zeit – damit meine ich fünf bis zehn Jahre – wird sich dieses Amt entweder auflösen, oder es muß sehr viel stärker als jetzt, nämlich über den Daumen gerechnet mit 30 Prozent seines Umsatzes, sozusagen auf den freien Markt gehen, um zu überleben. Wir werden die Folgen zwar nicht morgen und auch nicht im Jahr 1998 sehen – das gebe ich zu –, aber innerhalb relativ kurzer Zeit wird sich zeigen, was die Politik mit dem Umweltbundesamt von heute eigentlich gemacht hat.


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