Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 23

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Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr Dr. Caspar Einem: Herr Abgeordneter! Erlauben Sie mir vorweg den Hinweis, daß die Verhandlungen, die derzeit im Gange sind, nur dann als sinnvoll betrachtet werden können, wenn man den Zusammenhang einerseits zwischen der Diskussion um die Erhöhung der Straßenbenützungsentgelte im Rahmen der Eurovignette oder der Wegekostenrichtlinie und andererseits die bilateralen Verhandlungen zwischen der Europäischen Union und der Schweiz sieht, was den alpenquerenden Transit betrifft.

Die Zielrichtung, die Österreich dabei verfolgt, ist nicht primär gebührenorientiert, sondern eher darauf gerichtet, die sensible Alpenregion von Verkehrsströmen umweltbelastender Art soweit wie möglich zu entlasten, das heißt, eine Verlagerung auf die Bahn zu bewirken und auch dafür Sorge zu tragen, daß tatsächlich der jeweils kürzeste Verkehrsweg gewählt wird und daß es nicht durch Gebühren oder andere Maßnahmen zu Umwegverkehren kommt, wie das heute durch die Verkehrspolitik der Schweiz der Fall ist.

Unser Ziel ist, was die Mautgebühren betrifft, weiters darauf ausgerichtet, jedenfalls die heute vorhandenen Mautgebühren in Österreich aufrechtzuerhalten. Es gibt jetzt, wie Ihnen zweifellos bekannt ist, einen Vorschlag der Europäischen Kommission, der darauf abzielt, die beiden Alpenländer, die vom Umwegverkehr aus der Schweiz am meisten betroffen sind, in der Weise zu schützen, daß die Mautgebühren, die heute von Frankreich im Montblanc-Bereich und von Österreich vor allem im Brenner-Bereich tatsächlich verlangt und eingenommen werden, erhalten bleiben und als eine allgemeine Mautberechtigung für die Alpen vorgesehen werden. Es ist dazu der Kompromißvorschlag der Kommission erstattet worden, eine entsprechende Alpenklausel in die Wegekostenrichtlinie der EU einzubauen. Dieser Vorschlag hat dem Grundsatz nach auch in der letzten Sitzung des Verkehrsministerrats der EU breite Zustimmung gefunden.

Das ist derzeit unser primäres Anliegen, weil es hier um die sensible Frage des Alpentransits und um die Rückverlagerung des LKW-Verkehrs in der Größenordnung von 330 000 LKWs pro Jahr in die Schweiz geht. Dabei geht es in erster Linie nicht um die Gebührenbelastung, sondern um die Frage, inwieweit es im Rahmen dieser Verhandlungen gelingen wird, sicherzustellen, daß die Schweiz bereits in der ersten Phase des Gültigwerdens der neu abzuschließenden Vereinbarung ein entsprechend großes Kontingent für Fahrten von 40-Tonnern durch die Schweiz eröffnet. Zweitens geht es um die Frage, ob die Schweiz rasch genug eine leistungsfähige Bahnverladungsinfrastruktur für den Bahntransit durch die Schweiz eröffnet.

Zu den Werten, nach denen Sie gefragt haben, ist im wesentlichen zu sagen, daß es derzeit einen Vorschlag der holländischen Präsidentschaft auf Anhebung der Straßenbenützungsentgelte um den Inflationssatz, nämlich von derzeit 1 250 auf 1 325 Ecu, gibt. Das wird von vielen europäischen Staaten, darunter auch Österreich, als bei weitem nicht ausreichend angesehen. Es gibt andererseits die Forderung Deutschlands nach einer Anhebung auf zumindest 2 000 Ecu, die von Österreich unterstützt wird, und es gibt einen Kompromißvorschlag der Kommission, der darauf hinausläuft, die Gebühren zumindest auf 1 650 Ecu anzuheben, wobei ich mir jetzt Details erspart habe, weil außerdem eine Differenzierung in der Gebührenbelastung nach dem Umweltverschmutzungsgrad durch das entsprechende Fahrzeug vorgesehen werden soll.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Bundesminister.

Zusatzfrage? – Kollege Anschober, bitte.

Abgeordneter Rudolf Anschober (Grüne): Herr Minister! Ich glaube, es ist generell auch von Ihnen unbestritten, daß der Faktor Kostenwahrheit ein ganz entscheidendes europäisches Verkehrslenkungsinstrument in Richtung einer umweltverträglichen Verkehrspolitik darstellt. Aber wenn ich Ihre Beantwortung jetzt richtig verstanden habe, dann bedeutet sie, daß es von österreichischer Seite keine Initiative in Richtung einer Veränderung der Wegekostenrichtlinie gibt, nämlich weg von Obergrenzen oder fixen Sätzen hin zu Minimalsätzen, das heißt hin zu Mindestgebühren, die von den Nationalstaaten nach oben verändert werden können. Ist das richtig?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.


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