Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 45

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Wir haben, Herr Kollege Brauneder, über die verfassungsrechtlichen Bedenken – Artikel 18
B-VG – sehr genau nachgedacht. Wir nehmen solche Einwände auch durchaus ernst. Das ÖH-Gesetz war ein Anlaß, verfassungsrechtliche Bedenken, die im letzten Moment aufgetaucht sind, ernst zu nehmen und daher heute einen Rückverweisungsantrag einzubringen, der seine Ursache aber auch in einem zeitlichen Ablauf hatte, den eine bestimmte Partei in diesem Haus zu verantworten hat, den nicht wir zu verantworten haben.

Dieses Gesetz ist auch im Hinblick auf seinen schmalen Umfang – es umfaßt ja nicht einmal 50 Seiten – und durch den klaren Aufbau bemerkenswert. Auch hier, Herr Kollege Brauneder, unterscheide ich mich in der Einschätzung – wahrscheinlich als Nichtjurist; ganz bescheiden will ich das so sagen – bezüglich der deutschen Sprache, die dort verwendet wird, der Verständlichkeit des Gesetzes. Es soll ja lesbar sein, und zwar auch für Nichtjuristen und nicht nur für die Spezialisten auf dem Rechtsgebiet. Daher gibt es gewisse Redundanzen, gewisse Wiederholungen, eine möglichste Vermeidung von Verweisen auf andere Paragraphen, um dadurch einfach die Lesbarkeit auch für den Durchschnittsnormadressaten – wie das wohl so heißt – besonders zu erhöhen.

Ich glaube, meine weiblichen Abgeordnetenkolleginnen werden es noch würdigen, daß wir es ganz systematisch und konkret durchgezogen haben, alle akademischen Funktionen mit der weiblichen Bezeichnung voranzustellen und in der männlichen Bezeichnung nachzustellen, so wie es die deutsche Sprache verlangt. (Beifall bei der ÖVP und der Abg. Dr. Mertel. )

Das neue Gesetz gibt – das wurde schon gesagt, meine Damen und Herren – auf der Ebene der Studienkommissionen nunmehr den Universitäten die volle Autonomie für die Gestaltung der Lehre. Das heißt, mit diesem Gesetz stärken wir die Mitbestimmung, die Mitbestimmung der Studierenden vor allem, weil sie jetzt einen sehr demokratischen Einfluß auf die Gestaltung der Studien, auf die Inhalte der Studien haben.

Zudem wird es die Möglichkeit geben, Schwerpunktbildungen nach Standorten zu machen. Es gibt die Möglichkeit, rasch und flexibel auf neue Herausforderungen zu reagieren, und es wird mit Sicherheit auch zu einem Wettbewerb um das bessere Studienprofil, um den besseren Studienplan zwischen den verschiedenen Hochschulstandorten kommen. Ich wünsche mir diesen Wettbewerb, ich wünsche mir hier einen gewissen Grad an Individualisierung, weil das eben auch die verschiedenen Chancen entsprechend ausnützt.

Dieses Gesetz bringt aber auch eine Studienzeitverkürzung. Natürlich gibt es Klagen darüber, daß wir den Stundenrahmen in einzelnen Fächern um 10, 15 Prozent abgesenkt haben, aber als Universitätsangehöriger, meine Damen und Herren, darf ich schon sagen: Auch wir sind nicht frei von der Versuchung, zu Altem immer Neues hinzuzufügen, ohne von dem Alten irgend etwas wegzunehmen. Da wird es entsprechende Diskussionen geben: Was ist noch wichtig? Was ist nicht mehr so wichtig? Was ist besonders wichtig für die Zukunft unserer Studierenden? – Da wird es noch einen sehr fruchtbaren Dialog geben, der notwendig ist.

Dieses Gesetz – darüber hat es auch eine sehr heiße Auseinandersetzung gegeben – bringt noch ein neues wesentliches Element, es bringt einen Dialog zwischen den gesellschaftlich relevanten Institutionen außerhalb der Universität und der Universität über die Studiengestaltung.

Wenn Kollege Krüger über die Praxisferne unserer Studien klagt, so möchte ich ihm sagen, daß durch die Einbeziehung der Beschäftiger, die diese Absolventen abzunehmen haben, diese Praxis jetzt selbstverständlich in der Form einer effektiven Mitberatungsmöglichkeit in die entsprechenden Stellungnahmen einfließen und von den Studienkommissionen zu berücksichtigen sein wird. § 9 des Gesetzes dürfte Ihnen entgangen sein, in dem die Studienkommissionen aufgefordert werden, entsprechende Semesterpraktika einzurichten.

Wir führen also – das darf ich als jemand, der auch Angehöriger dieser Profession ist, sagen – die Universitäten ein wenig heraus aus dem elfenbeinernen Turm und verlangen von ihnen, daß sie ihre Verantwortung gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen im Sinne des Zuhörens, wenn sie gute Ratschläge seitens der Wirtschaft, seitens der Gesellschaft erhalten, und indem sie in


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