Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 47

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ehesten abzuschätzen? Wer, wenn nicht diejenigen, die es selber betrifft, auch unter dem Risiko der eigenen Arbeitsmarktchancen betrifft, wer sollte diese Abschätzung treffen können, wenn nicht die Studentinnen und Studenten?

Das war im Entwurf drinnen. Und was findet sich jetzt? – Ein Untersagungsrecht der Professoren. (Abg. Dr. Lukesch: Der Studienkommissionsvorsitzende muß ja kein Hochschulprofessor sein!) Was wurde dazu im Unterausschuß gesagt? – Man will die Studierenden davor bewahren, sich selber hirnrissige Kombinationen zurechtzubasteln. (Abg. Dr. Lukesch: Das wird ja alles ermöglicht!)

Was sind "hirnrissige Kombinationen", Herr Abgeordneter Lukesch? – Was vielleicht noch vor 15 Jahren, vor zehn Jahren möglicherweise hirnrissig erschienen ist, vielleicht eine Kombination von EDV und Musik, eine Kombination von Publizistik und Veterinärmedizin, das ist heute durchaus chancenreich auf dem Arbeitsmarkt. Vielleicht gibt es heute Kombinationen, die in den Augen insbesondere der an Jahren älteren und in ihrer Berufskarriere weiter fortgeschrittenen Professoren absolut hirnrissig wirken, die vielleicht auch für uns hier im Hohes Haus hirnrissig wirken, aber wenn die jungen Menschen davon überzeugt sind, daß das Zukunft hat, dann hat es auch Zukunft. (Abg. DDr. Niederwieser: Das kann man alles machen!) Ich denke, es gibt kein Gremium, es gibt keine Behörde, es gibt keinen einzigen Politiker und keine einzige Politikerin, die den Studierenden diese Wahlrechte glaubhaft absprechen können. Ich halte das für einen gravierenden Rückschritt bei dieser Überarbeitung des Gesetzes. (Abg. Dr. Lukesch: Dann verstehen Sie es nicht!)

Meine Damen und Herren! Das gilt auch hinsichtlich der Hierarchie. Die Handschrift, die die Endredaktion der Regierungsvorlage jetzt prägt, das ist die Handschrift der Professoren. Die weibliche Form brauche ich hier nicht zu verwenden, denn im Unterausschuß war keine einzige Professorin als Expertin zugegen. Es gibt ja auch nicht viele Professorinnen.

Was haben die Herren Professoren hier hineinreklamiert? – Auch eine Schmälerung der Rechte des Mittelbaus. Diplomarbeiten soll der Mittelbau nicht selbständig betreuen und korrigieren können. Da will man doch lieber die Oberhand darüber haben, wer von den Vertreterinnen und Vertretern des Mittelbaus das darf, wer würdig oder auch angepaßt genug ist, um diese Rechte wahrzunehmen. Ursprünglich war es aber eine viel weitergehende Berechtigung und vor allem nur eine zeitliche Festlegung, denn es hieß: Assistentinnen und Assistenten, die eine gewisse Praxis an der Universität haben. Niemand hätte ihnen das Recht absprechen können, und es entspricht ja auch der Praxis. Wir zementieren damit einen Gesetzeszustand ein, von dem alle hier im Haus, die mit den Unis zu tun haben, von dem alle auf der Galerie wissen: Das entspricht nicht der Realität, denn es ist de facto der Mittelbau, der den überwiegenden Teil dieser Arbeiten im Bereich der Betreuung von Diplomarbeitskandidatinnen und -kandidaten leistet. Ich denke, diese einseitige Nuancierung zugunsten der Professoren war wirklich entbehrlich und hat diesem Gesetz nicht gutgetan. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Insgesamt gibt es da oder dort Fortschritte. In meinen Augen sind sie aber zu gering. Das Schmerzliche war vor allem der Verschlechterungsprozeß in der letzten Phase der Gesetzwerdung. Das hätte meiner Meinung nach nicht passieren sollen und nicht passieren dürfen.

Ich finde es auch besonders traurig, daß noch am ersten Tag der Beratungen des Unterausschusses der zuständige Bundesminister zwar ein persönliches Plädoyer in die Gegenrichtung abgab, daß er sich für noch weiter gehende Wahlmöglichkeiten der Studierenden, und zwar nicht nur in den Geisteswissenschaften (Abg. DDr. Niederwieser: Haben Sie das nicht gelesen, Frau Kollegin Petrovic? Das steht ja drinnen!) , sondern – wie auch ich es getan habe, wie es auch die Liberalen getan haben – auch für mehr Wahlfreiheit in anderen Studienfächern und für eine Zukunftsorientierung durch die Studierenden selbst aussprach, dann aber eine Wende eintrat: Der Bundesminister wurde offenbar von seinen eigenen Fraktionskolleginnen und -kollegen "zurückgestutzt", seine Willensäußerung wurde nicht ernst genommen, und in der Folge wurde das Gesetz geändert: Es wurde weit stärker nach den Vorstellungen der Herren Professoren umgeschrieben. Das ist für mich das Traurige daran. Vor allem aufgrund dieser


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