Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 51

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Der Wähler hat entschieden, und aufgrund dessen sitzt jeder einzelne Abgeordnete hier, und zwar zu Recht und rechtmäßig! Sie, Frau Dr. Karlsson, werden nicht darüber entscheiden können, wer dieses Haus zu verlassen hat. (Weiterer Zwischenruf des Abg. Mag. Posch .)  – Auch Sie nicht.

Aber zur Sache: Ich habe noch immer die Jubelrede des Kollegen Lukesch – seines Zeichens Fraktionsführer der ÖVP – zu diesem Gesetz im Ohr. Er spricht von einem Jahrhundertgesetz, das an Klarheit und Ausdrucksstärke überhaupt nicht mehr übertroffen werden kann. – Dem möchte ich schon entgegenhalten, und das ist nicht von der Hand zu weisen: So klar, wie Sie es darstellen, dürfte es auch Ihnen nicht gewesen sein, sonst wäre es nämlich nicht notwendig gewesen, durch mehrere Ausschußfeststellungen den Gesetzestext zu determinieren, damit man überhaupt weiß, was gemeint ist; sonst hätten Sie auch nicht permanent Verweisungen und Delegationen darin verankern müssen. All das wird hier unter den Prätext "Autonomie für die Universität" gestellt, ohne daß es tatsächlich eine wirkliche Autonomie gibt. Die Autonomie steht nur auf dem Papier, ist aber inhaltlich nicht gegeben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich werde Ihnen ein paar Beispiele dafür geben, und die nachfolgenden Redner werden sie noch ergänzen. Es kann keine Autonomie sein, wenn eine Kompetenz vom Gesetzgeber verlegt wird – etwa von den Volksvertretern weg zum Bundesministerium –, etwa hinsichtlich der Studienpläne, und zwar auf dem Verordnungswege unter Einbeziehung von Kammern und Körperschaften öffentlichen Rechts, die dort Anhörungsrecht haben, während der Gesetzgeber selbst ausgeschaltet bleibt. (Abg. Dr. Lukesch: Die Studienpläne sind doch die Angelegenheit der Universitäten und nicht des Minoritenplatzes!)

Das ist nicht das Selbstverständnis der Autonomie, wie wir sie verstehen! Autonomie kann es auch nicht sein, wenn man den einzelnen Universitäten nicht die nötigen finanziellen Mittel gibt, über die sie selbst verfügen können. Sonst ist nämlich die Autonomie ausgehöhlt, und in diesem Fall ist das so passiert. Sie haben es vielleicht noch nicht erkannt, aber auch Sie, Herr Abgeordneter Lukesch, mit Ihrem "Jahrhundertgesetz" werden noch dazulernen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch. )

Im wesentlichen sind alle Studien über einen Kamm geschoren worden, ohne Bedacht auf die einzelnen Bedürfnisse zu nehmen. Man schafft in Kärnten die Praxisorientiertheit ab, indem man dort ... (Abg. Mag. Posch: Völliger Unsinn! – Abg. Dr. Lukesch: Unsinn!) – Selbstverständlich! Man hatte dort das Praxissemester eingeführt, aber Sie haben es mit dieser Novelle wieder abgeschafft. So ist es, fragen Sie den Rektor, der als Experte hier war. (Weitere Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.)  – Sie können ja dann noch dazu Stellung nehmen, aber es ist ein Faktum: Das Praxissemester, das neunte Semester im AWL-Studium ist dank Ihres Zutuns gefallen. Das ist Faktum.

Ich möchte noch einige spezielle Dinge erwähnen, um die Vorgangsweise dieser Gesetzwerdung besser zu beleuchten. Es wurde, wie schon gesagt, jedes Studium zumindest in seiner Titelgebung und in seinen verwandten Gebieten über einen Kamm geschoren, allerdings mit einer Ausnahme: dem Medizinstudium. Das Medizinstudium und das Zahnmedizinstudium schließen nicht mit dem Diplomtitel "Magister" ab, sondern unverändert mit dem Doktorat.

Ein Experte – da habe ich den Aufschrei von Absolventen der Universitäten vermißt, namentlich der Frau Kollegin Pittermann –, ein Vertreter der Veterinärmedizin, der allerdings kein Veterinärmediziner, sondern Physiologe ist, Dr. Hans Niedermüller, hat gesagt, er spricht sich gegen ein Doktorat ohne Leistung, das heißt gegen ein geschenktes Doktorat aus. (Abg. Dr. Brinek: Nicht nur er!) Das hat er wörtlich so gesagt, ich habe es mir notiert. (Abg. Dr. Lukesch: Kollegiumsbeschluß, Herr Kollege!) Das ist seine Expertenmeinung im Ausschuß gewesen. Kollegin Pittermann hat demnach ein geschenktes Doktorat und wird mit dieser Aussage des Experten leben müssen. Dieser Experte hat darüber hinaus auch falsch informiert, weil er nie von einem Kollegiumsbeschluß, der tatsächlich stattgefunden hat, gesprochen hat, sondern immer nur davon, daß sich die Mehrheit der Studenten dagegen ausgesprochen hat. Genau das Gegenteil ist jedoch der Fall. Da sieht man wieder, welch geringe Einflußmöglichkeiten Studenten haben, wenn es darum geht, ihre Belange zu regeln.


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