Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 70

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Begriff: mündliche Prüfungen. – Was sind mündliche Prüfungen? Es bedarf einer Begriffsbestimmung. Punkt 31: Mündliche Prüfungen sind die Prüfungen, bei denen die Prüfungsfragen mündlich zu beantworten sind. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Graf: Bravo! Das ist ein "Jahrhundertgesetz"!)

Ich bitte meine Fraktion, darüber nicht zu lachen. Es ist todernst. Es ist nämlich nicht geregelt, meine Damen und Herren, wie bei einer mündlichen Prüfung zu prüfen ist, nur die Art der Antwort ist bestimmt: sie muß mündlich sein. Aber es steht nichts darüber drinnen, wie die Prüfungsfrage zu stellen ist: durch Gestikulation, schriftlich oder in Form von Tonbandaufnahmen? (Abg. Mag. Stadler: Pantomime!)

Also entweder fehlt da etwas und Sie meinen, es sei selbstverständlich, daß in einer mündlichen Prüfung mündlich geprüft wird, aber dann ist es auch selbstverständlich, daß die Antwort mündlich gegeben wird. Ich erspare es Ihnen, meine Damen und Herren, etwas über die schriftliche Prüfung hier vorzulesen. – Soweit zur Lesbarkeit dieses Gesetzes. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir haben Glück, daß dieses Gesetz noch nicht gilt und wir hier nicht eine Lehrveranstaltung abhalten, sonst dürften wir nämlich nicht lachen – ich nehme das vorweg –, denn der Studierende hat sich seinen Studien ernsthaft zu widmen. Ich komme darauf noch zu sprechen.

Zum Punkt Fernstudien: etwas Wichtiges. Es ist aber nicht definiert, was ein Fernstudium ist. Vielleicht ist es aber selbstverständlich, und man braucht es nicht zu definieren.

Zur Terminologie und auch noch zur Lesbarkeit: In § 7 Abs. 3 heißt es: Der Umfang der Lehrveranstaltungen ist in Semesterstunden anzugeben. – Sie wissen, wenn sich der Uhrzeiger einmal dreht: eine Stunde. So ist es aber nicht! Ich lese weiter vor: Eine Semesterstunde entspricht so vielen Unterrichtseinheiten, wie das Semester Unterrichtswochen umfaßt. Eine Unterrichtseinheit dauert 45 Minuten. Die kleine Einheit, die man mit Stunde bezeichnen könnte, wenngleich sie auf 45 Minuten reduziert ist, heißt nicht Stunde, sondern Unterrichtseinheit. Stunde ist hier etwas ganz anderes als auf der Uhr. – Soweit zur Lesbarkeit. (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch. ) – Es geht um die Lesbarkeit und nicht um meine Bezahlung, Herr Kollege! Um meine Bezahlung brauchen Sie sich nicht zu kümmern, auf die habe ich nämlich verzichtet. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Stadler. – Abg. Dr. Fekter: Wenn Sie solche Kinkerlitzchen aufzählen! Dann muß es ein gutes Gesetz sein, wenn Sie nichts finden! – Weitere Zwischenrufe.)

Es gibt eine Reihe inhaltlicher Ungereimtheiten. Im § 24 Abs. 1 ist von "Ausführungen über die Finanzierung" die Rede. Was sind "Ausführungen über die Finanzierung", Frau Kollegin Fekter? Sie erfahren das im nächsten Paragraphen, im § 27 Abs. 2, wo die nahezu identische Materie geregelt ist. Hier ist die Rede vom Finanzierungsplan. Man wird fragen: Ist das eine identisch mit dem anderen? Sind es zwei unterschiedliche Dinge?

Vom Herrn Wissenschaftssprecher einer noch größeren Partei hier im Hause haben wir das Kunststück erlebt, daß er auch Nichtausgesprochenes zu interpretieren vermag. Etwa, daß ich bei diesem Studiengesetz – Herr Kollege Lukesch könnte mir zufällig vielleicht helfen – den "sanften Diktator" fordere. Ich habe mich in diese Richtung nie geäußert. Man kann also Nichtausgesprochenes interpretieren. Aber das, was hier gedruckt ist, und zwar in vielfältigster unterschiedlicher Terminologie, öffnet der Auslegung tatsächlich Tür und Tor.

§ 29 ist jene Bestimmung, die von den Rechten und Pflichten der Studierenden handelt. Ich hätte das eigentlich als überflüssig in solch einem Gesetz erachtet: Rechte und Pflichten der Studierenden.

Die Pflichten: Studierende sind verpflichtet, sich ihrem Studium ernsthaft zu widmen. "Ernsthaft zu widmen"! (Abg. Mag. Stadler: Lachen verboten!) "Scherz und Ernst in der Jurisprudenz", ein bekanntes Buch des 19. Jahrhunderts, wird nicht mehr vorzulesen sein. Ich habe es gestern versäumt, in meiner Vorlesung den Test zu machen. Ich hätte sagen müssen: Meine Damen und Herren! Bitte lachen Sie nicht, wenn Ihnen etwas lustig vorkommt! Oder: Lachen Sie noch


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