Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 67. Sitzung / Seite 111

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Sie berücksichtigt nicht die Tatsache, daß die Vor- und Nachlaufstrecken und nicht der Paßübergang über den Semmering den eigentlichen Leistungsengpaß darstellen.

Dessen ungeachtet hielt der seinerzeitige Verkehrsminister Klima – so wie der heutige – an seinem Vorhaben fest und mit seiner Rückendeckung begann die HL-AG sogar noch vor dem Vorliegen des notwendigen eisenbahnrechtlichen Bescheides – also klar gesetzeswidrig – mit den Bauarbeiten. Ein Umstand, der auch vom Verwaltungsgerichtshof als unzulässig angesehen wird: In der Begründung seines Spruches über eine Beschwerde steht wörtlich zu lesen: 'Aus der (...) Verpflichtung der Behörde, über die Zulässigkeit (...) zu entscheiden, ergibt sich nämlich, daß die Aufnahme bzw. die Fortsetzung der bereits aufgenommenen Arbeiten bis zur Entscheidung über einen nach §16(5) EisbG gestellten Antrag untersagt ist.'

Doch derartige verfahrensrechtliche Mängel stören sozialistische Verkehrsminister offensichtlich nicht, erklärte der nunmehrige Bundeskanzler Klima damals doch öffentlich, was er von Bürgerbeteiligung und Genehmigungsverfahren hält, so: 'In Deutschland gibt es Strecken, wo schon Züge fahren, während die Einsprüche noch laufen.' (Standard, 12.12.94)

Die Hoffnung des Rechnungshofpräsidenten, daß 'die Anregungen zu einem fruchtbaren, dem wirtschaftlichen Einsatz öffentlicher Mittel dienenden Dialog führen' werde, scheint daher trügerisch gewesen zu sein.

Dabei, und das ist das eigentliche Problem, gäbe es eine Unzahl wesentlich wichtigerer Bahnbauprojekte, die derzeit wegen Geldmangels zu scheitern drohen, zumal der Semmeringtunnel, soll er tatsächlich eine wesentliche Beschleunigung der Südbahn bewirken, ja nur ein kleiner Baustein ist: Sogar der damalige Verkehrsminister Klima selbst erklärte (APA, 30.9.94), dieser Ausbau nach Kärnten werde die fünffache Summe verschlingen, eine Dimension, die ziemlich exakt jener einer sparsam ausgeführten Südostspange, also einer völlig neu trassierten Südbahn über das Burgenland, entspricht. Diese wird daher realistischerweise – weil die Mittel ja bereits in die alte Südbahn investiert wurden – nie realisiert werden können, obwohl so eine wesentliche Beschleunigung, große zusätzliche Kapazitäten und auch neue Verkehrserschließungen bisher vernachlässigter Regionen annähernd zum gleichen Preis erzielbar wären.

Es zeigt sich an diesem Beispiel dramatisch, welcher Schaden mangels koordinierter Planung – der Bundesverkehrswegeplan existiert bekanntlich immer noch nicht, und eine vorläufige Prioritätenreihung der vorliegenden Projekte, wie sie die FPÖ wiederholt gefordert hat, wurde nie vorgenommen – entsteht. Es gibt zwar eine diesbezügliche Studie, diese wird aber wohlweislich geheimgehalten, weil sie nicht die prestigeträchtigen Großprojekte, sondern kleinere Vorhaben wie Sicherungstechnik ganz oben reiht. Die Investitionsentscheidungen erfolgen günstigstenfalls nach dem Zufallsprinzip – nicht selten hat man den Eindruck, daß es vielmehr recht konkrete, nicht unbedingt aber verkehrspolitische, Interessen sind, die den Ausschlag geben – und haben zu einem ineffizienten Einsatz der ohnedies knappen Mittel geführt und drohen, dies weiter zu tun.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher an den Bundesminister für öffentliche Wirtschaft und Verkehr nachstehende

Dringliche Anfrage:

1. Was hat Sie dazu bewogen, als eine Ihrer ersten Handlungen im neuen Ressort sich für die Fortsetzung des zu recht umstrittensten Bahnbauprojektes, einzusetzen?

2. Ist es richtig, daß Gegner des Tunnelprojektes bei Ihnen trotz zahlreicher Ersuchen keinen Gesprächstermin erhielten; wenn ja, warum wollen Sie sich deren Argumenten von vornherein verschließen?

3. Ist Ihnen bekannt, daß mehrere Landeshauptleute, insbesondere auch der Wiener Bürgermeister, sich für die Errichtung dringender Nahverkehrsausbauten wie der S7 anstelle des Semmeringbasistunnels aussprechen?


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