Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 21

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Rede von Außenminister Schüssel am 24. April vor dem NATO-Generalstab. Der Außenminister legte der NATO dabei quasi nahe, Österreich zum Eintritt in das Bündnis ,einzuladen‘. Ungeachtet dessen, daß eine ehrliche und tiefgreifende Sicherheitsdebatte in Österreich mehr als überfällig ist, scheint die vom Außenminister gewählte Vorgangsweise deshalb unverantwortlich, weil damit Österreich – wie die darauffolgenden Reaktionen des Regierungspartners SPÖ bewiesen haben – mit zwei Zungen spricht und den Eindruck zweier unterschiedlicher bis konträrer Außenpolitiken erweckt. Die Initiative des Außenministers in einer so wichtigen Frage ohne Abstimmung mit dem Regierungspartner beziehungsweise dem Parlament ist daher nicht nur geeignet, außenpolitische Verwirrung zu stiften, sondern auch die Berechenbarkeit und Glaubwürdigkeit Österreichs zu beeinträchtigen.

Einen Tag, nachdem von den Abgeordneten des Liberalen Forums aus den genannten Gründen das Verlangen auf Einberufung einer Sondersitzung gestellt worden war, erschütterten der Selbstmord Gerhard Praschaks und die von ihm hinterlassenen Unterlagen die Republik. In handschriftlichen Aufzeichnungen schildert Dr. Praschak aus seiner Sicht massive politische Einflußmaßnahmen auf bankenunternehmerische Entscheidungen und äußerte zudem den Verdacht auf strafbare Handlungen auf der Vorstandsebene der Kontrollbank. Da die Vorwürfe auch gegen Regierungsmitglieder gerichtet sind, liegt auf der Hand, daß sich der Ministerrat – der seit dem Freitod Dr. Praschaks zweimal tagte – mit dem Fall befaßt hat. Der Außenminister als Mitglied dieses Gremiums soll daher dazu veranlaßt werden, vor dem Parlament Stellung zu beziehen, um den Abgeordneten die parlamentarische Erörterung notwendiger Konsequenzen zu ermöglichen.

Daher stellen die unterzeichneten Abgeordneten folgende

Dringliche Anfrage:

1. Wann wurde das BMfaA über den Mord an Ghassemlou, Ghaderi und Rasoul am 13. Juli 1989 erstmals informiert?

2. Wann ist die iranische Botschaft beziehungsweise Botschafter Shirazi erstmals mit dem Außenministerium nach dem Mord in Kontakt getreten und welches Ersuchen wurde dabei gestellt?

3. Wie oft hat die iranische Botschaft oder das iranische Außenamt mit dem Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten oder mit sonstigen Vertretern des BMfaA zwischen 13. 7. 1989 und Ende des Jahres 1989 in dieser Angelegenheit Kontakt aufgenommen?

4. Haben die Vertreter des Iran verlangt, daß der am 15. Juli ausgestellte Haftbefehl gegen den Verdächtigen Bosorgian aufgehoben und daß Sahraroodi und Bosorgian die Ausreise aus Österreich zu gestatten ist? Wenn ja, wann (bitte genaues Datum) und in welcher Form?

5. Wie hat das BMfaA darauf reagiert?

6. Haben der iranische Botschafter oder andere offizielle Vertreter des Iran zwischen Juli und Dezember 1989 Druck ausgeübt oder Drohungen gegen Österreich ausgestoßen oder erklärt, daß die Sicherheit der österreichischen Staatsbürger im Iran nicht mehr gewährleistet sein könnte, wenn die Angelegenheit rund um die Kurden-Morde nicht im Sinne des Iran gelöst würde? Wenn ja, wann und in welcher Form?

7. Wie hat das BMfaA darauf reagiert?

8. Hat das BMfaA diese Mitteilungen des Iran zu irgendeinem Zeitpunkt an die Behörden des Bundesministeriums für Inneres oder des Bundesministeriums für Justiz weitergegeben?

9. Haben der damalige Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten und/oder sein Generalsekretär Dr. Klestil in der Kurdenmord-Affäre zu irgendeinem Zeitpunkt Weisungen erteilt? Wenn ja, wann, an wen und welchen Inhalts waren sie?


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite