Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 72. Sitzung / Seite 91

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Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Sie stecken hier eine ganze Menge ein. Sie lassen sich sehr viel gefallen, obwohl Sie wissen, daß die Dinge anders liegen. Sie wissen doch, wer nach dem Ausfuhrförderungsgesetz im Beirat sitzt. Sie wissen, daß dort die Vertreter der Industriellenvereinigung, der Bundeswirtschaftskammer, der Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und aller wirtschaftsnahen Ressorts unter ÖVP-Ministern sitzen. Sie wissen, daß diese Gremien bei jedem einzelnen Geschäftsfall der Bank mitbefaßt sind. Sie und Ihre Partei, die jetzt sagt, das seien die Reste des sozialistischen, des staatswirtschaftlichen Systems, lassen sich hier sogar verhöhnen, obwohl Sie wissen, daß es anders ist, nur weil offenbar ein Deal geschlossen wurde. Dieser Deal wurde auch von Frau Krawagna-Pfeifer als stille Abmachung bezeichnet: kein Untersuchungsausschuß Kontrollbank, kein Untersuchungsausschuß Kurden-Morde. So sieht dieser Deal aus. Dafür stecken Sie sogar politische Verhöhnungen ein, dafür nehmen Sie ganz offen falsche Argumentationen in Kauf, und zwar nur deshalb, weil Sie jede Art von Untersuchungsausschuß verhindern wollen. Das ist doch der wahre Grund.

Bei den Geschäften der Kontrollbank gab es einmal eine Überprüfung des Rechnungshofes (Abg. Schieder: Durch den Rechnungshof!), diese liegt allerdings schon einige Jahre zurück. Was hat der Rechnungshof da festgestellt? – Er ist zu dem Ergebnis gekommen, daß aufgrund des politischen Systems, das dort dominiert, die politischen Risken bei manchen Geschäften gar nicht gesehen werden sollen.

Es ist etwa im Zusammenhang mit Geschäften mit Vertragspartnern in den ehemaligen Ostblockstaaten zu einer Fehleinschätzung des politischen Risikos gekommen, die dazu geführt hat, daß man dieses politische Risiko nicht gesehen hat. Menschenrechte lassen sich ganz schön lange Zeit unterdrücken, aber nicht immer, nicht auf Dauer. Das Geschäftemachen mit derartigen Regimes hat letztlich auch zu finanziellen Einbußen geführt. Weil es aber bei Geschäften mit China, mit dem Iran, mit dem Irak und so weiter ein politisches Risiko gibt, versammelt man im Beirat dieser Bank die Industriellenvereinigung, die Bundeswirtschaftskammer, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern und natürlich auch die Ihnen nahe stehenden Sozialpartner, und läßt sie alle zustimmen, damit dieses politische Risiko auch auf alle fällt. Hinterher kann man dann sagen: Alle sind es gewesen, alle waren mitbeteiligt.

Nun kann es schon so sein, daß es im Interesse der Arbeitsplätze oder auch im Sinne anderer wichtiger staatspolitischer Ziele manchmal notwendig ist, riskante Geschäfte abzuschließen. Das ist eben eine Frage der politischen Kontrolle, und um diese politische Kontrolle geht es.

Wir bringen mit dem heutigen Tag einen Antrag ein, der für die Zukunft diese Offenlegung gegenüber dem Parlament sicherstellen soll. Wir wollen im Hauptausschuß diese Zetteln nicht mehr haben: ein Abschluß mit dem Irak, zwei mit China, zwei mit Algerien. Das ist aussagelos. Zuerst muß die Vergangenheit aufgeklärt werden, und für die Zukunft brauchen wir Transparenz gegenüber diesem Hohen Haus! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

19.37

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen ab über den Antrag der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich gebe bekannt, daß in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 447/A bis 453/A eingebracht wurden.


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