Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 19

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9.26

Abgeordneter Dr. Michael Spindelegger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Vizekanzler! Meine Damen und Herren! Wir haben dieses Thema für die Aktuelle Stunde vorgeschlagen, weil es scheint, daß sich die Regierungskonferenz der Europäischen Union Anfang Juni dem Ende zuneigt und daher in diesem Haus noch einmal Gelegenheit sein sollte, über dieses für Österreich so wichtige Thema ausführlich zu diskutieren.

Ich darf zu Beginn festhalten, was bei dieser Regierungskonferenz der Europäischen Union einmal anders ist.

Als der Rat 1994 in Korfu eine Reflexionsgruppe zur Vorbereitung der Regierungskonferenz eingesetzt hatte, war für uns noch gar nicht absehbar, wie Österreich tatsächlich mit Beginn 1995 als vollberechtigtes Mitglied an dieser Konferenz teilnehmen kann. Ich glaube, daß es für uns einen Qualitätssprung gegeben hat, wobei man zunächst einmal festhalten muß: Wir können bei dieser Regierungskonferenz der Europäischen Union als vollberechtigtes Mitglied teilnehmen, und das ist eine wesentliche Steigerung unserer Möglichkeiten, um in der Europäischen Union mitzubestimmen. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Schieder. )

Ich möchte mich mit einigen Inhalten beschäftigen, die aus unserer Sicht bei dieser Regierungskonferenz ganz besonders wichtig sind. Als ersten Punkt möchte ich die größere Bürgernähe Europas herausgreifen, die für Österreich und vor allem für die Österreichische Volkspartei einen ganz besonderen Stellenwert hat.

Wir von der Österreichischen Volkspartei haben verlangt, daß in dieser Regierungskonferenz die Erwartungen und Anliegen der Bürger im Mittelpunkt stehen sollen. Ich möchte das anhand von drei Punkten näher erläutern.

Ich glaube, daß die demokratische Einbindung der Institutionen stärker betont werden muß, und darf hiebei sagen, daß das Europäische Parlament nach dieser Regierungskonferenz sicher mit mehr Rechten – vor allem im Mitentscheidungsverfahren – aussteigen muß, als das zuvor der Fall war. Es ist wohl keinem Bürger verständlich zu machen, daß er die Möglichkeit hat, einen Abgeordneten zum Europäischen Parlament unmittelbar zu wählen, der aber dann bei der Kompetenzfrage der Mitentscheidung im Gesetzgebungsverfahren keine volle Teilnahmemöglichkeit hat. Das ist daher ein wesentlicher Punkt, die Demokratie zu stärken.

Der zweite Punkt betrifft die Frage der Stärkung des Ausschusses der Regionen. Da werden wir bei der Regierungskonferenz vielleicht nicht den großen Erfolg landen. Ich denke aber dennoch, daß Österreich als föderalistisch organisierter Bundesstaat besonderes Interesse daran haben muß, daß die Regionen in Europa in Form dieses Ausschusses ein stärkeres Mitspracherecht bekommen. Ich glaube, daß die derzeitige Regelung noch zu schwach ausgeprägt ist.

Es zeigt sich für uns auch, daß wir in dieser Frage Anerkennung von jenen Staaten bekamen, die eine ähnlich föderale Struktur wie Österreich aufweisen. Wir können es sicher schon als Erfolg verbuchen, daß uns in dieser Frage besondere Aufmerksamkeit und Anerkennung gewidmet wurden.

Ich meine aber auch, daß das Demokratieelement nicht das einzige ist, wodurch die Bürgernähe verstärkt wird, sondern wir sollten auch an Vereinfachungen denken.

In diesem Zusammenhang führe ich etwa Verfahrensvereinfachungen in der Frage der Mitbestimmung des Parlaments an. Dublin II zeigt, daß durchaus bereits Maßnahmen vorgeschlagen wurden, wonach man sich künftig auf 3 Verfahren beschränken und nicht wie bisher 20 Verfahren anwenden wird.

Mitentscheidung, Zustimmung und Anhörung sollten wirklich genügen und bewirken, daß alles übersichtlicher wird und auch die Transparenz von Entscheidungen der Europäischen Union steigt.


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