Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 45

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Herr Kollege Reichhold! Sie verlangen den Direktimport. Sie haben sich in Ihren Ausführungen sachlich derart überpurzelt und widersprochen, daß es fast nicht mehr notwendig ist, darauf einzugehen. Sie kritisieren, daß die Dauer der Zulassung alter Wirkstoffe weiter verlängert werden soll, und Minuten später beklagen Sie, daß in Österreich keine Direktimporte aus Nachbarländern, aus dem Binnenmarkt möglich sind. Das ist ein derart eklatanter Widerspruch, daß es dazu nichts zu sagen gibt.

Meine Damen und Herren! Ich freue mich, daß es dem Landwirtschaftsminister gelungen ist, die Frau Gesundheits- und Konsumentenschutzministerin und den Herrn Umweltminister zu überzeugen, daß es sinnvoll ist, daß in Ländern, mit denen Verwaltungsübereinkommen bestehen, keine Doppelprüfungen aufrechterhalten werden sollen und Vereinfachungen durchgeführt werden können, was uns ja auch hilft, viel rascher an moderne, ökologisch orientierte Pflanzenschutzmittel heranzukommen. Der Weg führt ja hin zu umweltverträglicheren, wertvolleren, ökologisch interessanteren Pflanzenschutzmitteln, und wir müssen in der österreichischen Landwirtschaft sowohl interessenspolitisch als auch im Interesse der Konsumenten daran interessiert sein, daß wir ökologischere Pflanzenschutzmittel – noch dazu aus Ländern mit einem sehr hohen und vergleichbaren Standard, wie zum Beispiel aus der Bundesrepublik Deutschland – so rasch wie möglich auch in Österreich verwenden können.

Meine Damen und Herren! Wer meint, daß wir im Konsumentenschutz oder im Gesundheitsschutz Sicherheitsvorkehrungen riesigen Ausmaßes gegenüber Entwicklungen in Deutschland brauchen, der ist eingeladen, sich die Ressourcen von Untersuchungsbehörden und Prüfbehörden daselbst anzuschauen oder die Kontrollinstanzen in deutschen Industriebetrieben kennenzulernen. Ich hatte vor Jahren die Möglichkeit, bei Bayer Leverkusen das Forschungs- und Kontrollinstitut Monheim zu besuchen, und ich muß sagen, ich würde mir für viele österreichische Universitäten derartige finanzielle Möglichkeiten, wie es sie dort gibt, wünschen. Es sind ganz einfach auch größere Relationen in großen Wirtschaftsräumen zu sehen, und wenn riesige deutsche Industriebetriebe mit zweistelligen Milliardenbeträgen in diesem Bereich forschen und prüfen und die deutsche Verwaltung und Administration mit ihren riesigen finanziellen Mitteln über diese Möglichkeiten der Industrie hinweggeht, zu meinen, eine Sonderprüfung all dieser Regelungen in Österreich würde zu neuen Erkenntnissen führen, ist eine gewagte Behauptung.

Ich bin selbstverständlich auch der Meinung, daß wir dort, wo es einen Sinn hat, den nationalen Spielraum zu nutzen, dies tun sollten, aber Räder zu erfinden, die schon jahrelang laufen, mit der Erkenntnis, daß im Grunde genommen keine Änderungen aus österreichischer Sicht notwendig sind, ist eine Vorgangsweise, die den Weg zu ökologisch interessanteren Pflanzenschutzmitteln verlangsamt und die eher kontraproduktiv ist.

Ich bin überzeugt, daß diesbezüglich Vertreter der grünen Fraktion eine andere Haltung an den Tag legen werden; ich habe mich auch betreffend das Saatgutgesetz mit dem Kollegen Wabl im Ausschuß schon auseinandergesetzt. Es tut mir leid, daß immer gesellschaftspolitische Fragen über mögliche ökologische Fortschritte gesetzt werden. (Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Das spüren wir auch im Tierschutzbereich, Herr Kollege Wabl. Für mich war es erschütternd, daß in Fragen der Straffreiheit für Werbung im Bereich sexueller Praktiken mit Tieren Frau Kollegin Petrovic den liberalen Zugang zu dieser Rechtsmaterie über den Tierschutzgedanken gestellt hat. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Wabl. ) Ich stelle auch in diesem Fall fest: Sowohl betreffend das Saatgutgesetz als auch betreffend das Pflanzenschutzmittelgesetz überwogen in der Diskussion im Ausschuß gesellschaftspolitische Radikalveränderungstendenzen alle kurzfristigen ökologischen Vorteile, die wir in einem Konsens gemeinsam erreichen könnten und viel schneller herbeiführen würden. (Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist auch nicht verwunderlich, daß bei den Verhandlungen über das Saatgutgesetz massiv versucht worden ist, die sensibilisierte Diskussion zum Gentechnik-Volksbegehren und zur Anwendung oder Verhinderung der Gentechnik in Österreich voll zu implizieren, und es war zu erwarten, daß wir die notwendigen Weiterentwicklungen im Rahmen des Saatgutgesetzes weniger diskutieren als die Frage, ob damit die Gentechnik in Österreich verhindert oder befürwortet wird.


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