Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 48

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des Saatgutgesetzes 1997 eingebunden werden können." – Sie brauchen also, um dieses Saatgutgesetz vollziehen zu können, eine Änderung der Bundesverfassung. Das ist bitte der Punkt!

Sie schreiben dann in den § 39 Abs. 4 tatsächlich eine Verfassungsbestimmung hinein, sodaß Sie wirklich, um das Saatgutgesetz umsetzen zu können, die Verfassung ändern müssen. Das ist ein Thema, Herr Bundesminister, auf dem die Liberalen so lange herumreiten und draufbleiben werden, so lange es geht! (Beifall beim Liberalen Forum.)

In § 39 Abs. 4 heißt es: "(Verfassungsbestimmung): Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft kann durch Verordnung festsetzen, daß zur Durchführung einzelner Teile ...". – Das heißt, diese Verfassungsbestimmung wird erst dann in Kraft treten, wenn der Bundesminister eine Verordnung erläßt. Was das mit Rechtsstaatlichkeit in einem zivilisierten Staat zu tun hat, verstehe ich nicht. Wenn unter "Inkrafttreten" steht: "Dieses Bundesgesetz tritt mit 1. Juni in Kraft. § 39 Abs. 4", wo es um die Verfassungsbestimmung geht, "tritt mit Erlassung einer Verordnung, spätestens aber mit 1. Juli 1998 in Kraft." – Das heißt, der Herr Bundesminister hat es in der Hand, durch eine Verordnung eine Verfassungsbestimmung in Kraft treten zu lassen oder nicht in Kraft treten zu lassen.

Herr Bundesminister! Das halte ich für eine schlechte politische Kultur, vor allem für eine Kultur, die verfassungsrechtlich nicht in Ordnung ist. Wir werden das Saatgutgesetz daher auch ablehnen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Wir bedauern darüber hinaus, bei aller positiven Haltung zur gentechnologischen Forschung und Entwicklung, daß dieser Entwurf auch keine Kennzeichnungsregelung gentechnisch veränderten Saatguts enthält.

Dem Pflanzenschutzmittelgesetz in der vorliegenden Form wird die liberale Fraktion keine Zustimmung geben. Im wesentlichen meinen wir, daß es wirklich zu diskutieren und zu überprüfen wäre, bei aller Bekenntnis zur Europäischen Union, wie es andere europäische Staaten mit der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln halten. Wir haben da einige Bedenken, die auch Barmüller im Ausschuß entsprechend artikuliert hat.

Der Antrag des Herrn Abgeordneten Wabl, der ebenfalls zur Diskussion steht, wird dem Wirtschaftsausschuß zugewiesen. Dabei geht es um die bäuerliche Urproduktion. Herr Kollege Wabl, wir werden im Wirtschaftsausschuß weiter darüber diskutieren, nur eines sei jetzt schon festgehalten: Landwirtschaft hat sich bis vor wenigen Jahren – ob gut oder schlecht, sei jetzt nicht untersucht – im wesentlichen als Produktionsbetrieb verstanden, das heißt, als ein halbes Unternehmen, ein Unternehmen, das nur in der Produktion tätig und wo die Vermarktungsfunktion delegiert war. Wenn ein landwirtschaftliches Unternehmen von der Urproduktion in die Lebensmittelproduktion und den Vertrieb geht, gilt es selbstverständlich als Gewerbebetrieb und ist diesem gleichzustellen.

Darum haben wir im Wirtschaftsausschuß einen Antrag zu einer vollständigen Änderung der Gewerbeordnung eingebracht, um dort, wo es nicht direkt um Leib und Leben geht, wo nicht schon andere Schutzbestimmungen außerhalb der Gewerbeordnung die Sicherheit des Konsumenten garantieren, den Bauern die Möglichkeit zu geben, mit einem einfachen Anmeldeverfahren, mit einer einfachen Haftpflichtversicherung, die wenig kostet – nämlich fast nichts –, weil sie sich am Umsatz mißt, das Gewerbe anzumelden und dann selbstverständlich denselben Spielregeln zu gehorchen wie ein kleiner Fleischermeister oder wie ein kleiner Handelsbetrieb. Die Bauern werden lernen müssen, daß sie Unternehmer sind. Willkommen, ihr Landwirte, im Unternehmerstand! Hervorrangend, ihr seid Unternehmer geworden, die beide Funktionen auf dem Markt erfüllen: Produktion und Vertrieb und Vermarktung. (Abg. Wabl: Wenn es eine vereinfachte Gewerbeordnung gibt, ja!)

Ich hoffe, daß wir in diesem Sinne Ihren Antrag im Wirtschaftsausschuß diskutieren werden, und wir verstehen, daß eine Vereinfachung der Gewerbeordnung die Voraussetzung für eine wirkliche Deregulierung ist, für eine wirkliche Produktions- und Handelsfunktion – dort, wo sie der Konsument wünscht, und nicht dort, wo sie eine veraltete Zunftordnung festhält. (Beifall beim Liberalen Forum.)


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