Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 52

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Meine Damen und Herren! Nun komme ich zum wichtigsten Thema, dem Saatgutgesetz. Kollege Reichhold hat schon angemerkt, wie merkwürdig es ist, daß Sie im Zusammenhang mit dem Saatgutgesetz sehr wohl dafür sind, daß in Zukunft das Saatgut gekennzeichnet wird, wenn es chemisch oder biologisch verändert ist, daß Sie aber nicht bereit waren, einem Gesetzesantrag der Grünen, einem Abänderungsantrag der Grünen, zuzustimmen, in welchem gefordert wird, daß das Saatgut auch dann, wenn es gentechnisch verändert wird, gekennzeichnet wird. Kollege Keppelmüller von den Sozialdemokraten, der zwar nicht unbedingt ein Landwirtschaftsexperte ist, der aber als Chemiker meines Erachtens versteht, daß, wenn die chemische Veränderung gekennzeichnet werden muß, auch die gentechnische Veränderung gekennzeichnet werden muß, hat gesagt: Bitte, warum nehmen wir das nicht hinein? – Und dann wurde wortreich verteidigt, warum man das nicht tun kann.

Meine Damen und Herren! Sie haben dann einen sehr windigen und sehr breit gestreuten Entschließungsantrag – ich habe einmal von einem ÖVP-Minister gehört, was von Entschließungsanträgen zu halten ist – gemacht, in dem Sie zum Ausdruck bringen, daß Sie diesbezüglich im Herbst eine Gesetzesvorlage einbringen werden, weil es erst dann notwendig sein wird.

Diese Art der Ausrede, diese Unfähigkeit und diese Entmündigung, die Sie da betreiben, ist letztklassig! Herr Kollege Schwarzböck, bitte kommen Sie mir nicht wieder mit Ihren gesellschaftspolitischen und ökologischen Widerparten, indem Sie sagen, die Grünen würden dies und jenes bevorzugen, es seien gesellschaftspolitische Machtinteressen, die da eine Rolle spielen.

Sie wissen ganz genau, was Sie der Industrie, jenen, die bei Ihnen lobbyieren, schuldig sind. Das ist nämlich das Problem! Deshalb geht in der ökologischen Frage sowenig weiter und nicht etwa deshalb, weil Sie das nicht wollen, weil Sie nicht ebenso grün in Ihrem Herzen sind, sondern deswegen, weil Sie sich in anderen gesellschaftlichen Zwängen befinden und weil beim Herrn Minister schon längst die ganze Agrarindustrie lobbyiert hat und gesagt hat: Das, bitte, kommt nicht in Frage, das werden wir nicht zulassen! Da können zwei Millionen Menschen von Österreich unterschreiben, das interessiert uns nicht! Wir haben andere Interessen zu vertreten! – Das ist in Wirklichkeit das Problem, warum in ökologischen Fragen sowenig weitergeht! (Beifall bei den Grünen und bei den Freiheitlichen. )

Meine Damen und Herren! Es geht heute um nicht weniger und nicht mehr als um die Frage, ob die Rechte der Landwirtschaft, der Bauern und der Bäuerinnen gestärkt werden oder ob die Rechte der Agrarindustrie zementiert und gefestigt werden. Zwischen diesen beiden Möglichkeiten haben wir heute wieder einmal zu entscheiden.

Herr Kollege Schwarzböck! Sie haben nicht mit aller Entschlossenheit die Rechte der Bauern vertreten, und das können Sie auch Ihrem Minister bescheinigen. Sie haben zwar – und das muß man konzedieren – aufgrund des politischen Drucks, der von der Umweltbewegung und von den Grünen und aus anderen Bereichen gekommen ist, zumindest das Landwirteprivileg zum Teil ... (Abg. Schwarzböck: Das war schon vor Monaten in der Stellungnahme der ...!) – Herr Kollege Schwarzböck, es gibt auch schon seit Monaten Druck. Es war nicht in der Gesetzesvorlage enthalten, und Sie mußten das aufgrund des Drucks der Umweltbewegung ändern. – Ich weiß, das ist mir schon klar: Sie ändern es immer, wenn der Herrgott es Ihnen direkt eingibt – oder Raiffeisen.

Meine Damen und Herren! Diese Frage wird heute entschieden werden, und ich frage mich, wie der Herr Keppelmüller und der Herr Gradwohl und die anderen Sozialdemokraten entscheiden werden, wenn es darum geht, ob der Biobauer, die Biobäuerin, wenn er oder sie Saatgut kauft, tatsächlich unterscheiden kann, welches Saatgut das ist.

Herr Kollege Schwarzböck! Wenn Sie hinnehmen, daß es keine Sicherheit für den Biobauern oder für die Biobäuerin gibt, welches Saatgut er oder sie kauft, dann werden Sie erleben, daß es zu einer breiten Verunsicherung auf diesem Sektor kommt. Dadurch werden Sie das, was in Österreich in den letzten Jahrzehnten mühsam aufgebaut worden ist, einen mühsam erar


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