Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 61

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Ich kann Ihnen sagen, wieso die Kennzeichnung nicht auf der Verpackung ist: weil Sie es nicht haben wollen, weil Sie es absolut nicht haben wollen! Das ist der einzige Grund dafür. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Ing. Reichhold. ) Ja, im Internet. Die Bauern surfen dann im Internet, Herr Minister.

Brüssel befiehlt – die ÖVP und die SPÖ folgen gehorsamst! Zu diesem Gesetz, Herr Bundesminister – das steht in den Erläuterungen –, gibt es keine Alternative. Es gibt keine Alternative, sondern es handelt sich hierbei um das x-te EU-Anpassungsgesetz.

Die Bürokratiekosten explodieren. Sie haben den Kopf geschüttelt, Herr Minister, als mein Kollege Reichhold gesagt hat, daß 14 zusätzliche Bundesbedienstete eingestellt werden müssen. (Bundesminister Mag. Molterer: Die werden nicht zusätzlich eingestellt!) Na selbstverständlich! Dann lesen Sie das Gesetz, Herr Bundesminister! Ich habe es hier, und da steht es drinnen: 14 Bundesbedienstete sind notwendig. Im Ausschuß haben Sie zu mir gesagt, sie werden nicht eingestellt, sondern es werden sozusagen Beamte aus dem Bestand herangezogen. Dann frage ich mich aber wirklich, Herr Bundesminister: Wenn jetzt 14 Bundesbedienstete ganz locker ein neues Gesetz administrieren und verwalten können, was haben denn diese 14 Bundesbediensteten bis jetzt gemacht? (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Böhacker: So ist es!)

Das alles, Herr Bundesminister, ist aber noch nichts gegen den vorauseilenden Gehorsam gegenüber der Genlobby. Es wird keine Kennzeichnung gentechnisch veränderten Saatguts geben – ein ganz mickriger Entschließungsantrag –, sondern mit der heutigen Beschlußfassung dieses Gesetzes tritt die Bundesregierung und mit ihr vor allem die SPÖ 1,2 Millionen Unterschriften zum Gentechnik-Volksbegehren wirklich mit Füßen. Allen Menschen, welche dieses Volksbegehren unterschrieben haben – und das waren 1 200 000 –, wird heute von der Bundesregierung klargemacht: Eure Sorgen interessieren uns nicht! Eure Wünsche interessieren uns nicht! Eure Meinung zählt für diese Bundesregierung nicht! Ihr könnt unterschreiben, soviel und was ihr wollt – wir machen, was wir wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und ganz bedenklich finde ich folgendes: Einige Abgeordnete der SPÖ – es sind gar nicht so wenige – werden heute dieses Gesetz mitbeschließen, obwohl sie vor einigen Wochen das Gentechnik-Volksbegehren unterschrieben haben. Heute beschließen sie das Gegenteil von dem, was sie vor drei oder vier Wochen unterschrieben haben. Das ist mir wirklich unverständlich, und ich kann Ihnen nur sagen, sehr geehrte Damen und Herren vor allem von der SPÖ: Wundern Sie sich bitte nicht mehr, daß die Politikverdrossenheit in diesem Land solche Ausmaße annimmt! Wenn Sie hier herinnen Gesetze beschließen, die das Gegenteil dessen zur Folge haben, was Sie mittels des Volksbegehrens vor vier Wochen gefordert haben, brauchen Sie sich absolut nicht mehr darüber zu wundern.

So eine Chance für Österreich, Herr Bundesminister, so eine riesengroße Chance für dieses kleine Österreich – und Sie vergeben sie! Dieser Weg zur bäuerlichen Landbewirtschaftung, zur ökologischen Landbewirtschaftung ist gepflastert mit Tausenden von Arbeitsplätzen – mit Tausenden Arbeitsplätzen in der Landwirtschaft, mit Tausenden Arbeitsplätzen in der Lebensmittelindustrie, in der Transportindustrie –, und Sie geben diese historische Chance heute einfach zugunsten der Genlobby, zugunsten der Konzerne auf. Sie, Herr Bundesminister, liefern heute die österreichischen Bauern den Konzernen und der Genlobby aus. Damit geben Sie die Eigenvorsorge mit Nahrungsmitteln à la longue aus der Hand, und das ist unverantwortlich, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie, Herr Bundesminister, vollziehen nicht den Willen der Konsumenten, Sie vollziehen auch nicht den Willen von 90 Prozent der Bauern, sondern Sie vollziehen den Willen der Genlobby und der Chemiekonzerne. Wo ist denn der Feinkostladen, von dem Sie beziehungsweise Ihr Vorgänger gesprochen haben? Es gibt ihn nicht, statt dessen kommen wir jetzt in Frankensteins Küche! Reicht Ihnen denn der Rinderwahnsinn noch nicht, reicht Ihnen die Schweinepest nicht, reichen Ihnen all diese Folgen der industriellen Landwirtschaft noch immer nicht? Müssen Sie sich wirklich am Saatgut vergreifen? Müssen Sie tatsächlich Saatgut, das in Jahrtausenden entstanden ist, gentechnisch verändern?


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