Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 131

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Sie werden sich dann nicht mehr auf eine hypothetische Fragestellung ausreden können. Wir werden klare Antworten von Ihnen verlangen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich nunmehr Herr Bundesminister Edlinger. – Bitte, Herr Minister.

17.24

Bundesminister für Finanzen Rudolf Edlinger: Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich glaube – und ich registriere dies –, daß an sich zunächst einmal nicht die Form der Beantwortung in Frage gestellt wurde, die in der Tat keine meritorische Aufnahme der Diskussion darstellt. Sie wurde nicht nur deshalb gewählt, weil sie formalrechtlich, verfassungsrechtlich und auch der Geschäftsordnung des Parlaments entsprechend ist, sondern weil sie in der Tat natürlich auch in den von Ihnen zitierten Beispielen – zwei, drei, vier mögliche Beispiele, die man ver-x-fachen kann – noch immer zu Interpretationen und zu unterschiedlichen Schlußauffassungen führen kann.

Ich gebe aber zu, daß die Frage der steuerlichen Abgeltung von Familienlasten oder – anders ausgedrückt – die Förderung kinderreicher Familien natürlich ein Thema ist, das auf der Tagesordnung steht und das wahrscheinlich auch nicht so rasch von der Tagesordnung verschwinden wird, selbst dann nicht, wenn man zu einer Lösung kommt. Das ist eine Frage, bei der der Bezugspunkt, von dem aus man an die Beurteilung einer solchen Fragestellung herangeht, beeinflußt, welche Meinung man zu einer solchen Frage hat.

Ich habe bezüglich der Gestaltung der Familienbesteuerung eine grundsätzliche Meinung. Ich freue mich, wenn Sie konkrete Fragen stellen, weil man damit dann vielleicht auch materiell eine Diskussion beginnen kann. Ich hielt diese Anfrage, die Sie ursprünglich gestellt haben, dafür nicht im besonderen Maße geeignet. Ich möchte aber feststellen, daß die seit dem Jahre 1993 geltende Regelung betreffend die steuerliche Abgeltung von Familienlasten auf der Basis des Familienbesteuerungserkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes aus dem Jahre 1991 beschlossen wurde. Das steht ja wohl außer jeder Frage.

Leitlinie dieser Regelung ist es, die Unterhaltslasten der Höchstverdienenden durch Transferleistungen ausreichend zu berücksichtigen und dann diese Transferleistungen gleichermaßen auf alle Familien – das heißt, in gleicher Höhe auch im unteren und mittleren Bereich der Einkommen – anzuwenden.

Ich halte grundsätzlich an dieser Konzeption fest, sie entspricht auch unverändert den politischen Vorstellungen der beiden Regierungsparteien. Zur Umsetzung ist es aber auch notwendig, an der Technik der Abgeltung von Kinderlasten durch Transferleistungen, also etwa Familienbeihilfe und Kinderabsetzbeträge, festzuhalten. Eine steuerliche Berücksichtigung im Wege der außergewöhnlichen Belastung hätte – wie ich meine – eine Umverteilung von unten nach oben zur Folge, und diesen Weg möchte ich eigentlich nicht gehen. Anders gesagt: Es würden Besserverdiener stärker gefördert werden als die Bezieher niedrigerer Einkommen.

Ich gehe nun konkret davon aus, daß der Verfassungsgerichtshof die Zulässigkeit der Abgeltung von Kinderlasten durch Transferleistungen an sich nicht in Zweifel ziehen wird. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob der Gerichtshof strengere Anforderungen an das Ausmaß der Abgeltung stellt, als dies derzeit gesetzlich vorgesehen ist. Sollte dies der Fall sein, so kann sich erst aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofurteils ergeben, in welchem Umfang eine Abgeltung bei den einzelnen Einkommens- und Unterhaltsschichten erforderlich ist.

Das Anstellen konkreter Berechnungen darüber kann daher naturgemäß erst nach dem Ergehen des höchstgerichtlichen Erkenntnisses sinnvoll sein. Und da auch davon auszugehen ist, daß für den Fall eines Erkenntnisses, das einer Aufhebung gleichkommt, auch eine ausreichende Frist für die Diskussion und die Neuformulierung gegeben ist, werde ich zu dem Zeitpunkt handeln, zu dem das Erkenntnis vorliegt. (Beifall bei der SPÖ.)

17.29


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