Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 194

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es nicht! Ich glaube, wir könnten uns dazu verpflichtet fühlen, dem Vermächtnis des Herrn Praschak Rechnung zu tragen – auch Sie, Herr Kollege. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dr. Schwimmer: Wir könnten auch über Goldeck einen Untersuchungsausschuß machen!) Ja, wenn Sie einen wollen!

22.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

22.04

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich habe mich gerade eben, bevor ich mich hier zum Rednerpult begeben habe, vergewissert, ob es tatsächlich stimmt, daß zu diesem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses kein einziger Vertreter der Regierungsparteien spricht. Das ist ein absolutes Novum!

Bisher war es so, daß bei einer Debatte über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses von den Regierungsparteien zumindest der Versuch unternommen wurde, eine ablehnende Haltung zu erklären. (Zwischenrufe bei SPÖ und der ÖVP.) Jetzt unternehmen Sie nicht einmal mehr diesen Versuch! Oder ist Ihr Schweigen – Ihr beredtes Schweigen, möchte ich hier sagen – als Zustimmung zu den Vorwürfen, die die Opposition gegen Sie erhebt, zu werten? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich bin durchaus einer Meinung mit Ihnen, wenn Sie sagen, ein Selbstmord, der aus Gründen, die im privaten Bereich liegen, verübt wird, darf politisch nicht verwertet werden – überhaupt keine Frage. (Zwischenruf des Abg. Parnigoni. ) Im vorliegenden Fall – und das wissen Sie sehr gut – geht es aber, wie derjenige, der durch den Freitod aus dem Leben geschieden ist, ausreichend dokumentiert hat, um einen Selbstmord, und zwar um einen Selbstmord aus politischen Gründen! Gerhard Praschak hat, wie wir wissen, der Opposition, insbesondere der FPÖ, und auch den Medien ein Vermächtnis hinterlassen, da er – zur Marionette geworden – naturgemäß kein Vertrauen mehr zu jener Partei hatte, die ihn einst förderte.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau das ist der Grund, warum wir in der Affäre Praschak nicht locker lassen. Es ist tatsächlich so, wie kürzlich ein Kommentator, wenngleich in einem anderen Sinn, sagte, er sieht eine Zeitenwende, ein Österreich vor dem tragischen Freitod des Gerhard Praschak und ein Österreich nach dem Freitod von Gerhard Praschak.

Zu untersuchen ist – das wurde bereits gesagt – der Bestellungsvorgang, der politische Druck, der ausgeübt wurde und den ein Strafgericht nicht aufklären kann. Das wurde bereits an anderer Stelle vollkommen richtig argumentiert. Politisch zu untersuchen ist etwas anderes, als strafrechtlich zu untersuchen. Laufen die Bestellungsvorgänge in den verstaatlichten Banken tatsächlich so ab, wie es Exminister Scholten behauptete, als er meinte, in London, in New York, in anderen Bankplätzen in dieser Welt sei die "Performance" maßgeblich, hierzulande gehe es um den politischen Einfluß, und im Extremfall werde die "politische Karte" gespielt, dann gebe es "Zoff".

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir wissen aus den persönlichen Aufzeichnungen des Herrn Praschak, daß das keine krause Verschwörungstheorie ist, sondern daß es ein persönliches Erlebnis eines Menschen ist, der keinen Ausweg mehr gefunden hat. Jeder Selbstmordforscher wird Ihnen bestätigen, daß das, was jemand, der Selbstmord verübt, an Erlebtem in seinem letzten Willen hinterläßt, seinem Empfinden entspricht, und ein solches Empfinden kann es nur geben, wenn dieser Druck tatsächlich ausgeübt wurde.

Wir haben schon einmal gesagt – und mußten es auch politisch zur Kenntnis nehmen –, daß sich unter dem Seidenhandschuh des Schöngeistes Scholten eine eiserne Faust verbirgt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Stadler: So ist es!)

Wenn nun Scholten im heutigen "NEWS" behauptet, ein Mandatsverzicht sei gar nicht möglich und er dürfe die Bank "nicht hängenlassen", so ist das wirklich der Gipfel! Jeder Jurist, jeder, der nur einigermaßen vernunftbegabt ist, wird bestätigen, daß ein verantwortungsvoller Aufsichtsrat


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