Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 41

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mit einer Strukturierung der österreichischen Kreditwirtschaft, die insgesamt ökonomisch eindeutig positiv ist, begonnen wurde.

Was die Eigentumsfragen betrifft, möchte ich schon darauf hinweisen, daß es da ein schwerwiegendes Mißverständnis gibt. Es wird manchmal so getan – und das ist auch heute beim Herrn Prinzhorn so herausgekommen –, als ob nur eine Aktiengesellschaft eine effiziente Organisationsform wäre, und es ist damit ein Mißtrauen gegen sogenannte eigentümerlose Organisationsformen wie Sparkassen oder Genossenschaften verbunden. Wirtschaftlich ist das völlig falsch. Die Frage der Rechtsform ist völlig unabhängig von der Frage der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit – im guten wie im bösen. Und speziell der Sparkassensektor – und ich beziehe mich hier sowohl auf Gemeindesparkassen als auch auf Vereinssparkassen – hat sich wirtschaftlich in diesem Land äußerst bewährt, und wir werden uns sicherlich nicht dazu hergeben – ich möchte das betonen –, diese bewährte Organisationsform in Österreich zu zerschlagen. Eine Organisationsform, der Millionen von Österreichern ihr Vertrauen schenken, und eine Organisationsform, die dieses Vertrauen noch niemals in der Geschichte mißbraucht hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir müssen davon ausgehen, daß wir eine Novelle des Sparkassengesetzes, wie zugesagt, vorbereiten, wir werden aber sicherlich nicht das Sparkassengesetz auf Zuruf ändern. Ich möchte hinzufügen: egal, woher dieser Zuruf kommt. Die Angelegenheit wird nicht besser, wenn auch noch steuerliche Begünstigungen in diesem Bereich verlangt werden.

Hohes Haus! Ich möchte noch etwas zur Stellung der Betriebsräte in der AVZ sagen. Manche finden es geradezu empörend, daß es nicht möglich ist, wie das jetzt so schön heißt, die Sklaven mit der Plantage zu verkaufen. Ich möchte betonen: Für mich ist die starke Stellung der Betriebsräte genau das, was den Unterschied ausmacht zwischen einer bloßen Shareholder-value-Kultur und dem Konzept der Stake-holder-society, wie es etwa Tony Blair in England entwickelt hat. Das heißt nämlich, daß die Betroffenen über ihr Schicksal mit entscheiden können. Es ist völlig richtig: Betroffene sind nicht nur die Beschäftigten, die Betroffenen sind natürlich auch die Einleger, die Betroffenen sind Kreditnehmer, wie etwa auch der Herr Prinzhorn, Betroffene sind Aktionäre, um deren Vertrauen sich das Unternehmen auch täglich zu bemühen hat. Aber – und das möchte ich betonen – im besonderen Maß betroffen sind die Beschäftigten, um die es da geht. Und ich bin froh, daß diese Beschäftigten eine wirksame Mitbestimmungsmöglichkeit haben und daß sie nicht auf Alibiaktionen angewiesen sind, wo es sozusagen nur um ein paar Belegschaftsaktien geht.

Der wirksamste Schutz gerade für die Sicherung des österreichischen Charakteristikums des Institutes ist genau diese Mitsprache der Betriebsräte. Es ist daher sehr eigenartig und beachtlich, wenn die "F", die sich gerade jetzt für die Belegschaften stark machen will, in ihrer Anfrage selber verlangt, daß diese Belegschaftsrechte durch eine Ad-hoc-Änderung des Sparkassengesetzes geändert und abgeschafft werden. Das ist genau die Inkonsequenz, die wir Ihnen nicht durchgehen lassen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Man muß auch sehr deutlich sehen, worum es hier letztlich insgesamt geht. In einem Leitartikel in der heutigen "Presse" wird geschrieben: So bitter es für viele sein mag: Die letzte Stunde aller schönen Träume von Mitbestimmung ist gekommen. Und da sieht man ja, was Kern der Debatte ist. (Abg. Dr. Graf: Die Betonung liegt auf "letzte Stunde"!) Und in diesem Sinne ist die Debatte, die wir hier führen, durchaus eine gesellschaftspolitische Debatte, und im Gegensatz zu anderen Gruppierungen in diesem Haus haben wir Sozialdemokraten es nicht notwendig, unsere gesellschaftspolitische Position zu verstecken. Wir sind für eine leistungsorientierte Marktwirtschaft, aber es muß eine Marktwirtschaft sein, die den Menschen dient, den Menschen als Bürger und Bürgerinnen, den Menschen als Konsumenten, vor allem aber auch den Menschen, den Männern und Frauen, die in den Unternehmen arbeiten und die die Wertschöpfung in diesen Unternehmen erbringen. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir sind nicht bereit, diese Menschen einer Ideologie zu opfern, die sich heute in Europa zunehmend als überholt und schädlich erweist.


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