Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 55

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meister Häupl hat nach wie vor Zugriff auf die AVZ, Herr Bürgermeister Häupl kann nach wie vor schalten und walten, wie er es für gut befindet. Und darum fordere ich ihn auf: Herr Bürgermeister! Geben Sie diesen Einfluß auf, lösen Sie endlich die AVZ zur Gänze auf! (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP.)

Es ist unerträglich, daß im Dezember und im Jänner immer von der Sicherung einer österreichischen Lösung gesprochen wurde. Wo ist heute diese österreichische Lösung vor dem Hintergrund des Vorkaufsrechtes einer großen deutschen Bank? Wo ist diese österreichische Lösung?

Ich fordere die Verantwortlichen auf: Starten Sie Verhandlungen, daß auf dieses Vorkaufsrecht verzichtet wird, damit eine breite Streuung der Aktien möglich wird. (Abg. Haigermoser: Warum habt ihr zugestimmt von der ÖVP?)

Unser Parteiobmann Wolfgang Schüssel hat von dieser Stelle aus am 14. Jänner gesagt: Es wird am neuen Eigentümer liegen, zu beweisen, daß es keinen politischen Einfluß gibt. Und ich sage heute von dieser Stelle aus: Die Ereignisse und die Erkenntnisse der letzten Tage und Wochen haben diesen Beweis nicht leichter gemacht.

Wir halten deshalb oder vielleicht nur deshalb an dieser Koalition fest, weil wir Verantwortung für dieses Land tragen und weil wir uns im Koalitionsabkommen und in der Regierungserklärung bereit erklärt haben, diese Verantwortung auch weiterhin zu übernehmen. (Abg. Dr. Graf: Koste es, was es wolle!) Wir ersuchen aber den Koalitionspartner eindringlich: Stellen Sie bitte fest, daß sich weder eine Partei eine Bank noch eine Bank eine Partei halten kann! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Graf: Ohne Wenn und Aber!)

12.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Als nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

12.38

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren des Hohes Hauses! Es gibt in entwickelten Marktwirtschaften so etwas wie eine Kultur der Marktwirtschaft. Dabei handelt es sich ohne Zweifel um eine Beschäftigungskultur, eine Kultur in der Art der Beteiligung, eine Börsenkultur, eine Kultur, Verträge abzuschließen, und auch eine Kultur der Kontrolle.

Offensichtlich handelt es sich in Österreich nicht um eine entwickelte Marktwirtschaft. Wir mißverstehen die Beschäftigungskultur, indem wir das Arbeitsverfassungsgesetz – ganz konkret in jenem Bereich, in dem die Politik Einfluß hat – mehr oder weniger außer Kraft setzen, denn im Arbeitsverfassungsgesetz steht, daß ein Drittel der Stimmrechte im Aufsichtsrat den Mitarbeitern zukommt.

Im AVZ-Bereich sind es nur acht Entscheidungsträger und drei davon werden vom Betriebsrat gestellt. Damit haben die Mitarbeiter der Bank Austria für alle wesentlichen Entscheidungen des Eigentümervertreters eine klare Blockadeposition. Wissen die Kleinanleger in Österreich, die sich an der Bank Austria beteiligt haben, über diese Strukturen Bescheid? Wurde das offengelegt? – Das ist nämlich die Börsenkultur, auf die ich sogleich zu sprechen komme.

Es geht doch darum, daß Menschen ihr Geld in einer Firma anlegen, von der sie offensichtlich nicht darüber informiert wurden, wie ihre Entscheidungsstrukturen laufen.

Die Börsekultur in Österreich ist eine traurige. Sie existiert in Wirklichkeit nur am Rande. Wenn der Chef der größten Bank gleichzeitig der Chef der Börse ist, wenn die Kommerzbanken und Investmentbanken gemeinsam unter einem Dach arbeiten, wenn Insidertrading an der Tagesordnung ist, dann wundern Sie sich, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, daß es in Österreich kein Risikokapital gibt? Sie wundern sich, daß es viel zuwenig Menschen gibt, die bereit sind, über die Börse Kapital in die Wirtschaft zu pumpen? Und das bei diesen Strukturen, wo es Ihnen nur um Ihren parteipolitischen Einfluß geht, aber nicht darum,


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