Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 56

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Sachentscheidungen zu treffen und wirklich einen Risikokapitalmarkt in Österreich in Gang zu setzen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es gibt auch so etwas wie eine Beteiligungskultur. Wenn sich die WestLB mit 10 Prozent der Stimmrechte an der Bank Austria beteiligt, ist das gar kein Problem. Das ist vollkommen in Ordnung. Nur das, was de facto passiert ist und wiederum im Hinblick auf die Börsenkultur niemandem gesagt wurde – die Kleinanleger wußten das nicht –, daß sie sich nämlich mit der AVZ syndiziert und damit weit über 50 Prozent der Stimmrechte hat, bedeutet ja letztlich, daß die WestLB einen ganz bestimmenden, absoluten Einfluß auf die österreichische Bank hat.

Also was wollen Sie? – Sie können sagen, Sie wollen eine österreichische Lösung oder Sie wollen eine europäische Lösung. Beides können Sie sagen, aber Sie können nicht sagen, Sie wollen eine österreichische Lösung, und dann schreiben Sie aber einen bestimmenden Einfluß der WestLB über diese Syndizierung in der Bank Austria fest. Das ist doch wirklich der Kultur einer entwickelten Marktwirtschaft nicht entsprechend. Eigentlich sollten Sie sich schämen, denn es ist klar herausgekommen: Sie stellen den parteipolitischen Einfluß, Sie stellen die Macht Ihrer Institutionen, Ihrer Partei dort, wo Sie es als Sozialdemokraten können – dort, wo die ÖVP es kann, macht sie es genauso –, vor die Sachentscheidung. Das ist das Problem! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Abgeordneter Trinkl hat heute den Kopf des Herrn Randa gefordert. Ich sage Ihnen, Herr Dr. Trinkl: Damit werden Sie nichts lösen. Sie können einer Schlange einen Kopf abschlagen, aber es wird der nächste nachwachsen, solange Sie das System nicht ändern, an dem Sie in dieser Machtaufteilung zwischen Rot und Schwarz ja auch mitbeteiligt sind. Sie tun ja überall dort mit, wo es um Ihre parteipolitische Macht geht, und diese parteipolitische Macht stellen Sie vor die Sachentscheidung! Das ist das, was ich Ihnen ankreide. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Rufe bei der ÖVP: Das sind die Worte Haselsteiners! Das sind seine Worte! – Abg. Tichy-Schreder: Seien Sie vorsichtig mit dem Wort "System"!)

Es gibt auch so etwas wie eine Vertragskultur. (Abg. Dr. Khol: Sie möchten eine Randa-Bank!) Wenn Herr Dr. Stummvoll das Hohe Haus wissen läßt, daß in der deutschen Fassung des Vertrages ... (Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Wenn Herr Dr. Stummvoll hier das Hohe Haus wissen läßt ... (Abg. Dr. Khol: Und aus "Österreich" wird "Randa-Reich", und alle Banken sind "Randa-Banken"?! Und "Österreich" wird "Randa-Reich"?! Wo sind wir denn?!)  – Schade, daß er kein Schwarzer ist, sonst würdest du dich freuen, gelt? (Heiterkeit und Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Zur Vertragskultur: Dr. Stummvoll hat das Hohe Haus heute wissen lassen, daß es zwei Verträge gibt, und zwar einen in deutscher Sprache und einen in englischer Sprache. Die Beteiligungsart der WestLB ist im Vertrag in englischer Sprache jedoch anders gefaßt als in jenem in deutscher Sprache – das ist ein solch ungeheuerlicher Vertrauensbruch, ungeheuerlicher Bruch der Vertragskultur im marktwirtschaftlichen Vorgehen, daß ich davon zutiefst betroffen bin und mich eigentlich frage, welche Konsequenzen das haben wird.

Meine Damen und Herren! Das ist Betrug! In der deutschen Fassung des Vertrages einen anderen Inhalt zu kommunizieren als in der englischen Fassung, ist aufgelegter Betrug. Wir Liberale werden sehr genau prüfen, welche rechtlichen Konsequenzen sich daraus ergeben. Das muß zumindest in der Veröffentlichungspflicht dem Börsengesetz widersprechen.

Es gibt aber auch noch eine Kontrollkultur; eine Kontrollkultur, die offensichtlich auch nicht existiert, da sich der Chef der AVZ selbst bestellt als Chef der Bank Austria und sich dann gleichzeitig als Eigentümervertreter selbst kontrolliert. Ja wo sind wir denn, bitte? – Haben Sie von den Koalitionsparteien – und beide sitzen Sie in einem Boot – denn überhaupt nicht verstanden, was Marktwirtschaft ist? – Das ist ein Regelmechanismus, für den wir politische Rahmenbedingungen zu schaffen haben, die man aber arbeiten lassen muß, in die man nicht dauernd mit Parteientscheidungen hineinregieren kann. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)


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