Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 62

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Erstens einmal sprechen alle Beschlüsse, alle Willenskundgebungen sowohl der Gemeinde Wien als auch hier im Parlament dagegen. Zweitens ist die Reduzierung der AVZ-Anteile auch ohne Ausnützung des Vorkaufsrechts der Westdeutschen Landesbank möglich, nämlich so, wie immer beabsichtigt, durch Kapitalaufstockung und durch Umtausch der Aktien. Daher gibt es hier überhaupt keinen Widerspruch, und es wird auch nicht so sein, daß die Anteile der AVZ an der Bank Austria ins Ausland wandern und daß dieser ausländische Einfluß gegenüber dem jetzigen Zustand gestärkt wird. Das würden wir auch ablehnen. (Abg. Gaugg: Zu diesem Vertrag!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein weiterer Punkt scheint mir wichtig zu sein. Wenn man mit der Bestellung in Vorstandsfunktionen, mit dem Modus, mit der Modalität nicht einverstanden ist, so sollte man darangehen, diesen Modus, diese Bestellungsart zu ändern. Ein Ansatz sind die fünf Punkte, die der Bundeskanzler genannt hat. Es wäre aber völlig falsch und absurd, nun alle Anteile der öffentlichen Hand an Unternehmungen zu verkaufen, damit man überhaupt keine Vorstände mehr bestellen muß. Das ist eine völlig absurde Vorgangsweise und kann nur durch die Tatsache untermauert werden, daß man öffentliches Eigentum prinzipiell nicht will. Wir wollen aber dieses öffentliche Eigentum haben, weil davon eine strategische Eigentümerfunktion der öffentlichen Hand ausgeht und weil wir wissen, daß strategisches Eigentum in vielen Fällen notwendig ist. (Abg. Dr. Haselsteiner: Und Macht für die Partei!) Darüber, Herr Abgeordneter Haselsteiner, haben wir das letzte Mal schon diskutiert. Da unterscheiden wir uns ganz einfach. Wir sind nicht Ihrer Meinung, daß diese Privatisierung prinzipiell notwendig ist, und wir sind auch nicht der Meinung, daß öffentliches Eigentum prinzipiell schlecht ist. Da unterscheiden wir uns ganz einfach! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Haselsteiner: Bis zum "Konsum"! Das ist genau das gleiche!)

Herr Abgeordneter! Es wird immer so getan, insbesondere auch von Abgeordnetem Peter, als ob öffentliches Eigentum ein österreichisches Unikum wäre. Auch hier müssen wir wieder feststellen: So ist es nicht. Ich habe schon mehrmals von dieser Stelle aus sagen können, daß es in anderen hochentwickelten Wirtschaften, die sehr, sehr konkurrenzfähig sind, in hohem Maße öffentliches Eigentum gibt. Ich habe sie schon einmal aufgezählt: die Bayrische Landesbank, die Westdeutsche Landesbank, die Norddeutsche Landesbank. Das sind alles Institute, die zwei- bis dreimal so groß wie die BA und die CA zusammen sind und sich im wesentlichen in öffentlichem Eigentum befinden. In einem bestimmten Ausmaß sind wichtige Industriekonzerne, wie der Volkswagen-Konzern und der Continental-Konzern, im öffentlichen Einflußbereich. Ich habe schon mehrfach erwähnt, daß das im Fall Semperit auch schmerzhaft war. Wenden wir uns daher nicht prinzipiell gegen öffentliches Eigentum und tun wir nicht so, als ob das im Ausland, in anderen entwickelten Wirtschaften absolut unmöglich wäre. Es ist nicht so.

Ein nächster Punkt: Wir tun oft so – insbesondere Kollege Trinkl und Kollege Stummvoll –, als ob das öffentliche Eigentum, das der Bund oder die Gemeinde Wien innehat, prinzipiell schlecht wäre. Wenn aber das öffentliche Eigentum in der Hand des Landes Niederösterreich, Oberösterreich oder Steiermark liegt, dann wird es plötzlich zu einem "guten" öffentlichen Eigentum.

Meine Damen und Herren! Diese Betrachtungsweise sollte sich auch ändern. Es ist in Oberösterreich, Niederösterreich und auch in der Steiermark beschlossene Sache, daß zum Beispiel die Länder in den Hypothekaranstalten den bestimmenden Einfluß behalten wollen. (Abg. Mag. Peter: Das ist falsch!) Das wollen auch die ÖVP-Regierungen in diesen Ländern. Bitte, messen Sie daher nicht mit zweierlei Maß! Es ist auch bekundete Absicht, daß die Energieversorgungsunternehmungen, die OKA, die EVN und so weiter, im wesentlichen mehrheitlich im öffentlichen Eigentum bleiben sollen. Das will auch die ÖVP in den Ländern. Messen Sie da nicht mit zweierlei Maß!

Ich sage Ihnen daher: Was in Niederösterreich, in Oberösterreich und in der Steiermark richtig ist, das muß letzten Endes auch für Wien und den Bund richtig sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein dritter Privatisierung betreffender Punkt: Wir vermeiden es leider sehr oft, darüber zu reden, ob nicht einzelne Teilbereiche der öffentlichen


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