Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 65

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alles, was heute – hoffentlich nicht ganz so, wie vorgelegt, aber doch – beschlossen wird, in Kraft tritt, wird es keine nennenswerte Zuwanderung nach Österreich mehr geben können, denn das, was man, wie ich gehört habe – das steht zwar nicht im Gesetz –, beabsichtigt an Quoten festzulegen, das kann man nicht Zuwanderung nennen. Das sind Quoten, die Managern aus Japan offenstehen werden, aber das sind ja nicht Zuwanderer in dem Sinne, das sind ja Leute, die einen temporären Aufenthalt hier suchen, um hier einen Beitrag für die Wirtschaft – für die österreichische wohlgemerkt! – zu leisten und nicht für sich selbst. Aber Zuwanderung ist etwas anderes.

Ich habe immer gehofft und erwartet, daß wir bei dieser Debatte um Integrationsfragen, um Fragen betreffend Ausländer sozusagen einen substantiellen Beitrag leisten, denn für mich sind Integrationsfragen wirklich Fragen, bei denen es um die offene Gesellschaft in Österreich geht.

Ich weiß nicht, ob ich es schon einmal hier gebracht habe, aber ich bin in meinen Forderungen und in meinen Vorstellungen sehr angeregt und angeleitet von Hans Pestalozzi – das möchte ich der Frau Bundesministerin und auch Ihnen mit auf den Weg geben, vielleicht nützt es das nächste Mal etwas –, der bei einer Veranstaltung in Wien folgenden sehr symbolischen Satz formuliert hat, der dann auch niedergeschrieben wurde: "Als wir selber noch eine Kultur hatten, nahmen wir begierig auf, was zu uns wollte. Wir fühlten uns nicht bedroht, wir fühlten uns angeregt durch das Fremde." – Man schrie nicht zuerst nach Integration und Assimilation. (Abg. Kiss: Als Liberaler kann man nicht mehr "Fremder" sagen, man muß "Nichtösterreicher" sagen!)

"Angeregt durch das Fremde" – das wäre der positive Zugang, den man auch der österreichischen Bevölkerung vermitteln sollte. Etwas, was seit Jahrhunderten Tradition in Österreich ist, diese Vermischung von positiven Einflüssen unterschiedlicher Kulturen auch hier zu fördern, das wäre der Einsatz. Man sollte sich nicht – jetzt brauche ich gar nicht auf Paul Kiss einzugehen – lenken und leiten lassen vom ganz rechten Eck in dieser Republik, das sozusagen permanent Doppelbödigkeit zeigt. Auch Paul Kiss hat ein Beispiel genannt. Es ist nur ein bißchen blöd, daß er einer Partei angehört, die ähnlich doppelbödig vorgeht – nicht in diesen Fragen, aber in ähnlichen. Es geht wirklich darum, auf der einen Seite jenen, die hier Schutz suchen, diesen Schutz zu gewähren und auf der anderen Seite jenen, die Zuwanderer sind, also ehemaligen Gastarbeitern, die Möglichkeiten zu geben, die ihnen verfassungsrechtlich zustehen.

Ich bleibe dabei, auch wenn hundertmal das Gegenteil gesagt wird: Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, die Achtung des Privatlebens und das Recht auf Familienleben, muß auch in Österreich gelten. Natürlich steht im Artikel 8 der EMRK nicht das direkte Recht auf Einreise und Aufenthalt, es ist aber festgelegt mit dem Hinweis: Ausnahme im Hinblick auf Familienleben.

Ja was wäre denn Recht auf Familienleben, wenn nicht das Recht, daß auch eine ausländische Familie gemeinsam in Österreich leben darf? – Und das, sehr geehrter Herr Bundesminister, ist durch die gesetzlichen Regelungen, um die es heute geht, alles, aber nur nicht gewährleistet! Ganz im Gegenteil. Hier geht es darum, daß es ja geradezu gesetzlich ausgeschlossen sein wird, dieses Recht in Anspruch zu nehmen.

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen: Wir von seiten der grünen Fraktion werden alles tun, daß es bei einer Beschwerde, die sich an den Europäischen Gerichtshof wendet, einmal eine Grundsatzentscheidung darüber geben wird, ob Österreich diesen Artikel 8 der EMRK auch achtet und diesbezüglich verfassungsrechtlich und rechtspolitisch korrekt vorgeht.

Sie wissen, daß namhafte unabhängige – wirklich unabhängige – Professoren, wie etwa Professor Mayer von der Universität Wien, das sehr, sehr in Zweifel ziehen; das ist kein grüner oder liberaler Abgeordneter, der hier herinnen sitzt. (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zuletzt noch einen Satz zum Rassismus im Gesetz. Wenn wir einmal so weit kommen, Bischöfe zu mißachten und Möglichkeiten rassistischen Handelns zu legitimieren (Präsident Dr. Neisser gibt neuerlich das Glockenzeichen), dann ist es um die Rechtssicherheit für die Bevölkerung in Österreich schlecht bestellt. Und das sollten Sie bedenken! (Beifall bei den Grünen.)

11.59


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