Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 77. Sitzung / Seite 209

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Kollege Peter! Meiner Ansicht nach ist es wirklich so, daß die Betriebe in diesem Konkurrenzkampf, in dem sie teilweise stehen, natürlich versuchen, alle Kosten für Ausbildung, für Weiterbildung, für Fortbildung bis hin zu den Kursen beim AMS, in denen das Lehren des Abwaschens bezahlt wird – Beispiel Oberösterreich –, abzustoßen und abzugeben. So kann es aber nicht funktionieren! So kann auch das System der dualen Ausbildung nicht funktionieren. Darum bin ich in keinster Weise davon überzeugt, daß diese Argumentation ihre Berechtigung hat.

Die Betriebe wollen ihre Kosten auslagern; das ist ihr gutes Recht. Es ist auf der anderen Seite aber das gute Recht und die Verpflichtung der Gesellschaft, auch von den Betrieben deren Ausbildungsverpflichtung einzufordern, und zwar nicht nur für die Jugendlichen. Ich halte es auch für falsch, daß man die Ausbildung oder die Fortbildung von Älteren auslagert, möglichst auf Institutionen des Staates, der diese Kosten übernehmen soll. (Abg. Gaugg: In großkoalitionärer Form!) Der Staat hat aber, weil die Leute weniger beschäftigt werden, auch weniger Geld, um das zu finanzieren. Das heißt, es geht ziemlich im Kreis herum. Wir werden auf diese Weise mit diesem Problem nicht fertig werden.

Meiner Ansicht nach hat natürlich – und das ist in unserem Antrag auch angesprochen worden – der Staat bei der Ausbildung Verantwortung mit zu übernehmen. Er hat erstens Lehrlinge auszubilden, was er nicht oder nur in einem unzureichenden Ausmaß macht, auch wenn sich das in den letzten Monaten in einzelnen Bundesdienststellen Gott sei Dank etwas verbessert hat. In der Regel aber findet diese Ausbildung durch den Staat in einem völlig unzureichenden Ausmaß statt. Der Staat und die gemeinwirtschaftlichen Unternehmungen drücken sich vor dieser Verantwortung zur Ausbildung. Das ist unzulässig! Sie haben dieselben Verpflichtungen, auszubilden, und sie könnten es auch, wenn sie nur dazu angehalten würden.

Darum, meine Damen und Herren, ist die Ausbildungsabgabe natürlich nicht vom Tisch, weil sie im gleichen Ausmaß selbstverständlich auch staatliche oder halbstaatliche Betriebe treffen müßte und sie auch zur Ausbildungsverantwortung verpflichten müßte.

Der Staat hat aber noch eine andere Verpflichtung. Er hat auch die Verpflichtung, die Lehrausbildung zu kontrollieren. Ich halte es für falsch, daß die Lehrausbildung von der Wirtschaftskammer kontrolliert wird. Ich halte es für falsch, daß die Ausbildung der Lehrausbildner minimiert statt verbessert wird. Ich halte es für falsch, daß die Ausbildung der Berufsschullehrer nicht optimal ist. Das wissen wir alle hier im Saal.

Darum, meine Damen und Herren, sind die Forderungen unseres Entschließungsantrages nach wie vor berechtigt, und darum halte ich es nach wie vor für falsch, was im Antrag der Regierungsfraktionen eigentlich versucht wird, indem man glaubt, durch ein bißchen Entgegenkommen an die Wirtschaft diese Frage lösen zu können. Ich halte das – mit Verlaub, Herr Kollege Peter, und natürlich auch an die Adresse der Regierungsparteien – für den falschen Weg.

Sehen Sie sich um im Ausland! Da werden Sie einiges bemerken, was nicht nur in Österreich vorkommt, sondern auch in anderen Ländern, und was Anlaß dazu sein müßte, diese Frage etwas grundsätzlicher anzudiskutieren. (Beifall bei den Grünen.)

20.35

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten.

20.35

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Änderung des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen und in diesem Zusammenhang auch des ASVG sind Teil eines umfangreichen Maßnahmenpaketes, um der österreichischen Jugend die Chance auf eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu gewähren.

Herr Kollege Peter! Probleme der Berufsausbildung zeigen sich sehr wohl durch die Auslagerung der Aus- und Weiterbildungskosten, durch die sinkende Anzahl an Lehrstellen, aber


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