Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 113

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung erhält zur Begründung dieser Dringlichen Anfrage Herr Abgeordneter Dr. Haider das Wort. Die Redezeiten sind bekannt. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.01

Abgeordneter Dr. Jörg Haider (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Freiheitlichen wollen im Rahmen einer Dringlichen Anfrage die Problematik der Vorbereitung der Einführung einer gemeinsamen europäischen Währung erörtert wissen, vor allem deshalb, weil zwar vom Grundsatz her auch in Österreich schon sehr viel über diese Fragen diskutiert worden ist, aber der Teufel bekanntlich im Detail steckt und es sicherlich für die Mehrheit der Österreicher wichtig und bedeutend ist zu wissen, welche konkreten Konsequenzen mit der Einführung einer derartigen europäischen Einheitswährung verbunden sind.

Es ist völlig klar, daß dann, wenn die wirtschaftliche Integration mehrerer Länder ein Niveau erreicht hat, das eine Vergleichbarkeit der einzelnen Volkswirtschaften hinsichtlich deren Entwicklungsniveau möglich macht, auch eine gemeinsame Währung Sinn macht. Daran haben wir Freiheitliche nie einen Zweifel gelassen.

Das Problem, mit dem wir heute konfrontiert sind, hat das Wirtschaftsforschungsinstitut in seiner Studie zur Einführung der Europäischen Währungsunion für die österreichische Bundesregierung selbst formuliert. Das Wirtschaftsforschungsinstitut geht davon aus, daß ein vergleichbarer Entwicklungsstand der nationalen Volkswirtschaften jener Länder, die mit uns in einen Währungsverbund eintreten sollen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht gegeben und daher die Einführung einer einheitlichen Währung sehr risikoreich ist. Es werden vom Wirtschaftsforschungsinstitut deutliche Zweifel angemeldet und in diesem Gutachten zum Ausdruck gebracht.

Man weiß, daß ein eigenes Geldwesen und die Verfügung über eine eigene Währung auch eine Frage der persönlichen Freiheit der Bürger in einem Gemeinwesen ist. Der Schilling ist ein Symbol unserer Eigenstaatlichkeit, und mit ihm ist letztlich unsere wirtschaftliche Verfügungsmacht verbunden, auch wenn es darum geht, Einkommenssicherheit zu ermöglichen. Es ist damit die Chance verbunden, Arbeitsplätze zu schaffen, aber auch die Gefahr, Arbeitsplätze zu vernichten. Aufgrund dieser Überlegungen haben wir diese Anfrage gestellt. Denn das Wirtschaftsforschungsinstitut sagt: Nur eine sorgfältig vorbereitete Währungsunion mit durchdachten wirtschaftspolitischen Verantwortungen und Strategien ist geeignet, die wirtschaftliche Wohlfahrt und damit auch die Beschäftigungslage gegenüber dem Zustand ohne gemeinsame Währung zu verbessern. – Das ist es. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Ich glaube, der Herr Bundeskanzler wird dafür Verständnis haben, wenn wir sagen: Ein Experiment so riesigen Ausmaßes, wie es mit der Einführung des Euro geplant ist und das es im Laufe der Wirtschaftsgeschichte in dieser Form noch nie gegeben hat, ein derartiges wirtschaftliches Projekt muß entsprechend gut vorbereitet werden. Doch haben die Schritte der Bundesregierung, die wir in den letzten Tagen und Monaten beobachten konnten, mit solider und guter Vorbereitung sehr wenig zu tun.

In der launigen Stimmung von Rust etwa wurde verkündet, daß es eine neue Exportoffensive geben werde. (Abg. Dr. Kostelka: Launig war das nicht!) Der Schwerpunkt dieser Exportoffensive aber liegt ausgerechnet auf Exporten in die ehemaligen russischen Teilstaaten, in die GUS-Staaten, mit denen derzeit ein Entschuldungskonzept ausgehandelt wird, demzufolge 80 Prozent der bisher nicht zurückgezahlten Schulden – auch der österreichischen Kredite – überhaupt gestrichen werden sollen. Dort will der Bundeskanzler jetzt Geschäfte für Österreich machen! Dabei wissen wir heute schon über solche Geschäfte, daß zwar Milliardenkredite vergeben worden sind, jedoch 80 Prozent der Wertschöpfung und damit der Arbeitsplätze auf ausländischem Territorium und nicht hier in Österreich vorzufinden gewesen sind. Herr Bundeskanzler! Verstehen Sie deshalb, daß wir erhebliche Zweifel daran haben, daß Sie überhaupt wissen, was Arbeitsplatzpolitik für die österreichische Bevölkerung, für die Menschen in diesem Lande heißt? (Beifall bei den Freiheitlichen.)


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