Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 78. Sitzung / Seite 188

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Der Chef der Arbeitsmarktverwaltung, Buchinger, hat einen Vorschlag gemacht. Er hat gesagt: Schicken wir die jungen Leute ein halbes Jahr in die Schule und dann ein halbes Jahr in den Betrieb. Ich meine, eine solche Aufteilung, aber in kürzere Zeiträume, ist klüger. Sechs Monate Berufsschule ist für viele zu lang, denn es gibt junge Leute, die lernschwach sind und mit der Schule wenig anfangen können. Ich glaube aber dennoch, daß auch für letztere eine dreimonatige Berufsschule notwendig wäre, denn in der Berufsschule wird nicht nur die Berufsausbildung zum Fleischer oder zum Handelsangestellten vermittelt, sondern die jungen Leute erhalten dort auch eine unserer Informationsgesellschaft entsprechende Ausbildung und damit eine Basis fürs Weiterlernen. Eine EDV-Ausbildung ist zwar vielleicht für die Ausübung ihres Berufes nicht dringend notwendig, sie ist jedoch für das Leben in der Informationsgesellschaft unverzichtbar. Auch eine Fremdsprachenausbildung wird zwar nicht in jedem Beruf gebraucht, sie ist aber für einen Europabürger notwendig. Es ist mein persönliches Steckenpferd, mir auszumalen, daß es schön wäre, wenn jeder junge Mensch in Österreich die Sprache eines Nachbarlandes lernen würde: ein bißchen Tschechisch, ein bißchen Slowakisch, ein bißchen Ungarisch, ein bißchen Slowenisch, ein bißchen Italienisch. Warum ist mir das ein Anliegen? – Damit wir bei einer Erweiterung der Europäischen Union miteinander kommunizieren können! (Beifall beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Sie sind an der Regierung und gestalten momentan die gesetzliche Basis in diesem Land mit Ihrer Mehrheit. Warum setzen wir uns nicht zusammen und besprechen, ob im Unterrichtsausschuß unter der Federführung der Frau Bundesministerin oder im Wirtschaftsausschuß unter der Federführung des Herrn Ministers Farnleitner ... (Abg. Dr. Niederwieser: Sie waren ja nicht da!) Ich nehme diesen Zwischenruf zur Kenntnis, antworte aber nicht darauf! Einverstanden? – Gut!

Warum reden wir nicht wirklich über dieses Thema? Offensichtlich sind wir bereits in der Mehrheit so weit, daß wir merken, daß wir mit der Lehre so nicht weiterkommen. Es ist wirklich schade um die duale Ausbildung, und es ist vor allem schade um die vielen finanziellen Mittel, die wir an den AHS und BHS vertun!

Die Kinder züchten sich Frust an, wenn sie in Schulen gehen, die nicht ihrem Ausbildungsprofil entsprechen. In den berufsbildenden höheren Schulen sind 40 Prozent Abbrecher! Das ist doch eine glatte Fehleinsetzung der Ressource! Wir sollten die Lehre attraktivieren, zum Beispiel durch den Wechsel von sechs Monaten Berufsschule und sechs Monaten Ausbildung im Betrieb, und Durchlässigkeit in Berufsausbildungszentren schaffen – Schaffenrath hat das mehrmals angetönt – , denn damit schaffen wir weitere Module, durch welche ermöglicht wird, nach dem Abschluß der Gesellenprüfung die Meisterprüfung abzulegen oder Fachhochschulreife zu erlangen.

Meine Damen und Herren! Ich habe nicht vor, die Festung zehnmal zu berennen! Eigentlich habe eher das Gefühl, daß wir offene Schwingtüren einrennen. Warum setzten wir das nicht um? Aber der mudos procedendi in diesem Lande wird eben so sein, daß wir die Damen und Herren von der Sozialdemokratischen Partei und die Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei bitten müssen, zu Gesprächen darüber einzuladen. Wenn Sie unsere Anträge dabei stören, weil sie von der Opposition kommen, dann vergessen Sie diese und bringen eigene ein! Wir stimmen auch denen zu! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldete ist Herr Abgeordneter Amon. – Bitte, Herr Abgeordneter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten.

20.31

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Peter! Sie haben gemeint, daß eine dritte Säule der Ausbildung, nämlich die Lehrausbildung und Durchlässigkeit, erforderlich ist. Betrachten wir doch einmal das Bildungssystem! Einerseits gibt es die allgemeinbildenden höheren Schulen mit Maturaabschluß und Studienmöglichkeit, andererseits die berufsbildenden höheren Schulen mit Maturaabschluß und Studienmöglichkeit. Ferner gibt es die be


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