Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 39

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nicht fünf Kommissäre geben wird, die in Hinkunft quasi einander konkurrierend Außenpolitik machen, ist ein Vorteil: Es wird nur ein Kommissar sein. Daß dieser eine dann an der Troika teilnimmt, ein Generalsekretär des Rates sich ständig mit Außenpolitik beschäftigt, ist ein riesiger Vorteil und wird letztlich auch die Qualität der europäischen Außenpolitik verbessern helfen.

Zusätzlich ist es gelungen, zu erreichen, daß es in Zukunft schwerer sein wird, europäische außenpolitische Beschlüsse zu blockieren. Dem hilft, daß es Mehrheitsabstimmungen dort gibt, wo mit Einstimmigkeit eine europäische Strategie beschlossen wurde. Dem hilft, daß ein Land nicht dagegen stimmen oder dafür sein muß, sondern einen dritten Weg, nämlich den der konstruktiven Stimmenthaltung, gehen kann; und dem hilft, daß ein Land als Notbremse eine nationale Schutzklausel anrufen kann, und zwar dann, wenn vitale Interessen dieses Landes betroffen sind.

Ich halte es auch für positiv, daß wir die sogenannten Petersberg-Aufgaben, also Friedenserhaltung, -durchsetzung, Krisenmanagement, humanitäre Hilfe, in den Vertrag aufgenommen haben. Und übrigens ist sehr interessant, daß diese Petersberg-Aufgaben 1: 1 den sogenannten peace-support-operations der NATO entsprechen, die in dem enhanced-partnership-program enthalten sind. Daher ist es, glaube ich, sehr wichtig, daß auf beiden Ebenen, in der NATO – PfP-Plus –, innerhalb der Europäischen Union die Petersberg-Aufgaben in den Vertrag aufgenommen wurden, wodurch auch für Nichtmitglieder, für Nicht-Vollmitglieder eine bessere Einbindung in den Planungs- und Umsetzungsprozeß möglich geworden ist.

Ich sage an dieser Stelle dem Hohen Haus auch, daß der wahre Gewinner im Institutionenkampf, wenn man es so nennen will, innerhalb der Europäischen Union das Europäische Parlament ist. Das Parlament hat zwar nicht alle Wünsche erfüllt bekommen, aber – und wir Österreicher haben gemeinsam mit anderen kleinen Ländern sehr darum gerungen und gekämpft – die Parlamentarier haben auf europäischer Ebene signifikante Verbesserungen in der Mitentscheidung durchgesetzt. Es gibt eine signifikante Ausweitung des Mitentscheidungsrechts des Europäischen Parlaments, eine Verringerung der Zahl der Verfahren, eine bessere Einbeziehung der einzelstaatlichen Parlamente, eine Stärkung des Kommissionspräsidenten, eine Aufwertung des Ausschusses der Regionen und neue Funktionen für den Europäischen Gerichtshof.

Ich glaube, daß wir mit diesem institutionellen neuen Gleichgewicht durchaus zufrieden sein können. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Sehr unzufrieden – auch das gehört gesagt – sind wir mit der Frage Mehrheitsabstimmungen versus Einstimmigkeitsregel. Wir hätten uns gewünscht, daß wir viel mutiger, als es dann letztlich der Fall gewesen ist, den Weg zu Mehrheitsabstimmungen gehen. Österreich hat eigentlich zu den Ländern gehört, die am radikalsten die Ausdehnung der Mehrstimmigkeitsregel verlangt haben. Wir haben uns hier nicht durchsetzen können.

Aber ich sage auch ganz offen: Solange wir viele Teile noch immer intergouvernemental, also nationalstaatlich verhandeln, so lange gibt es natürlich auch bei uns sensible Punkte wie das Wasser, die Wassernutzung, die Energienutzung oder das Bodenrecht, bei denen auch wir auf der Einstimmigkeitsregel beharren, und erst wenn wir insgesamt zu einer besseren Abstimmung kommen, dann kann man auch über diese Fragen reden. Diesmal war die Zeit nicht reif, und daher sind wir nicht wirklich zufrieden mit dieser Frage der Balancierung zwischen Einstimmigkeit und Mehrstimmigkeit, aber hier wird man eben weiter bohren müssen.

In der Frage der Kommissionszusammensetzung oder Stimmgewichtung hat unsere Linie gehalten. Dabei ging es uns vor allem darum, keine Veränderung zu unseren Lasten hinnehmen zu müssen. Hier wollten wir den Besitzstand auch im nationalen Interesse wahren und absichern. Das ist voll gelungen. Es war kein ganz leichter Kampf, das können Sie mir glauben, aber es ist ein österreichischer Erfolg geworden. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Ein zweites wichtiges europäisches Thema ist die Vorbereitung auf die Präsidentschaft, die wir in einen Jahr übernehmen werden und die natürlich ein ganz wichtiges und erstmaliges Ziel, eine echte Herausforderung für uns selber ist. Die Aufgabe des Präsidenten ist es nicht so sehr,


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