Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 42

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1999 wollen die Staats- und Regierungschefs der NATO den Erweiterungsprozeß einer Überprüfung unterziehen. In diesem Zusammenhang, auch in diesem zeitlichen Zusammenhang hat der Gipfel in Madrid ausdrücklich auf die Kandidatur von Rumänien und Slowenien hingewiesen. Damit sind sie de facto – auch nach der vorherrschenden Meinung derer, die bei den Diskussionen dabei waren – jetzt schon die Spitzenreiter einer zweiten Erweiterungsrunde, und es ist davon auszugehen, daß auch die Vorbereitungen für diese zweite Runde bereits Anfang nächsten Jahres anlaufen werden. Zugleich sind die Außenminister der NATO-Staaten beauftragt, den Erweiterungsprozeß laufend zu überprüfen.

Wir haben darauf reagiert. Wir haben die Arbeit am Optionenbericht in einer interministeriellen Arbeitsgruppe, koordiniert von Außenministerium, Bundeskanzleramt und Landesverteidigungsministerium, bereits aufgenommen, und wir werden die Arbeit an diesem Optionenbericht zügig und, wie ich glaube, fundiert vorantreiben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wichtig für uns ist auch, daß uns die NATO bei dieser Tagung in Madrid eingeladen hat, unser bisheriges Verbindungsbüro zu einer vollwertigen Botschaft der NATO aufzuwerten. Der Bundeskanzler und ich sind übereingekommen, daß Österreich in diesen Tagen auf diese Einladung positiv reagieren wird. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Thema Nachbarschaftspolitik, gute Nachbarschaft mit den Regionen in unmittelbarer Nähe und weiterer Entfernung: Österreich ist jenes Land, das wie Deutschland acht Nachbarländer hat
– nur Deutschland und auch Serbien haben eine ähnlich große Zahl von Nachbarstaaten –; es ist daher besonders für ein kleines Land wichtig, mit seinen Nachbarn in Frieden, in Freundschaft, in ungetrübten Beziehungen zu leben.

Wenn ich gleich bei einem Herzensanliegen für alle von uns, bei Südtirol, beginnen darf, dann kann man sagen, daß, als Österreich und Italien bei den Vereinten Nationen die Streitbeilegungserklärung über Südtirol abgegeben haben, der damalige UN-Generalsekretär von einem Modell für die Regelung anderer bilateraler Probleme in Europa gesprochen hat. Wir wissen aber auch, daß es damals einige Stimmen gegeben hat – auch in Südtirol –, die skeptisch gewesen sind (Abg. Meisinger: Nicht umsonst!) , ob nicht mit dieser Streitbeilegungserklärung der Zug zu mehr Autonomie, zu mehr Rechten für die Südtiroler abreißt.

Das Gegenteil war der Fall. Wir haben heute mit Italien beste Beziehungen wie noch nie in unserer Geschichte. Wir haben erst vor wenigen Tagen ein umfangreiches Gespräch mit dem Landeshauptmann und SVP-Parteiobmann Brugger gehabt und konnten uns davon überzeugen, wie es gerade seit dieser Streitbeilegungserklärung möglich gewesen ist, daß die Südtiroler neue Rechte für die Straßenerhaltung, für die Errichtung und Kontrolle von Behörden bekommen haben, daß sie jetzt soweit sind, daß sie die Bildungspolitik mehr oder weniger in ihre Hand bekommen, und die Gespräche um die Errichtung einer Freien Universität in Bozen sind so, daß sie in Zusammenarbeit mit der Landesuniversität in Innsbruck ein ganz wichtiges Grundanliegen der Südtiroler Bevölkerung optimal abdecken können. Meine Gespräche mit Außenminister Dini am Rande der Madrider Konferenz haben bestätigt, daß auch die italienische Regierung hierin eine modellhafte Entwicklung in einer bilateralen Beziehung sieht. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Sicherheit in Europa kann aber nicht diskutiert werden, ohne sich die Situation auf dem Balkan zu vergegenwärtigen. Wir dürfen nie vergessen: Eine Flugstunde von Wien und Graz entfernt sind genau jene schrecklichen Tragödien geschehen, die ihre Ausläufer in sehr unmittelbarer Art und Weise auch bis nach Österreich hereingebracht haben.

Es ist wichtig, daß wir die Balkanregion und ihre Randzonen stabilisieren, und es tut mir leid, feststellen zu müssen, daß gerade in letzter Zeit sich in der internationalen Gemeinschaft so etwas wie eine Bosnien-Müdigkeit breitmacht. Es will eigentlich niemand so recht etwas davon hören.

Ich halte das für eine Katastrophe und sage auch warum: Wer Bosnien, die Republika Srpska und die Entwicklung in Jugoslawien, auch in Kroatien, in Albanien kennt, weiß, daß es lebensnotwendig für Europa ist, weiterhin Frieden und Stabilität dorthin zu exportieren, durch Beratung


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