Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 48

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sondere mit den Oppositionsfraktionen, einen Konsens herzustellen. Sie haben nicht einmal – das hat sich dann herausgestellt – mit ihrem Regierungspartner in dieser Frage eine gemeinsame österreichische außenpolitische Linie hergestellt.

Gleichzeitig – Sie waren noch gar nicht in Österreich zurück – erklärte die SPÖ: Das ist mit uns nicht abgesprochen und kommt für uns nicht in Frage. Der Herr Außenminister ist im Ausland im Alleingang unterwegs.

Ungeachtet dessen haben einzelne, sehr wichtige befreundete Staaten Österreichs dieses Signal so verstanden, daß selbst der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika an Österreich die Einladung gerichtet hat, daß es in der NATO willkommen ist – dem folgend, was der Herr Außenminister in Brüssel vorgetragen hat.

Verstehen Sie mich richtig, Herr Vizekanzler: Es ist nicht so, daß wir etwas gegen diesen Beitritt hätten – wir würden Sie gerne unterstützen –, aber wir möchten das vorher hier in Österreich, hier im Parlament klären. Wir wollen nicht, daß Sie Alleingänge im Ausland machen (Beifall bei den Freiheitlichen) und dadurch zwischen dem Parlament und der Regierung und innerhalb Ihrer Regierung in einer elementaren Frage für die Zukunft Österreichs Dissens herstellen. Es wäre besser, darüber vorher in Österreich zu diskutieren.

Der Herr Außenminister ist noch gar nicht zurück in Österreich und noch nicht in seinem Parteisekretariat, schert ihm schon wieder sein Verteidigungsminister aus und sagt: Das, was der Außenminister in Brüssel gesagt hat, ist für mich so relevant, daß ich mich schon lange so verhalte, als ob Österreich in der NATO wäre! – Das ist ja eine Angelegenheit, die für eine Fraktion dieses Hauses der Anlaß für einen Mißtrauensantrag wurde.

Bei allem Verständnis für eine vernünftige Außenpolitik und eine vernünftige Sicherheitspolitik: So kann man nicht vorgehen, wenn man den Konsens mit den Fraktionen, den Konsens mit dem Parlament und die Berechenbarkeit und die Einschätzbarkeit der österreichischen Außenpolitik wiederherstellen möchte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In Madrid hat man plötzlich die Rollen getauscht, jetzt wissen wir überhaupt nicht mehr, wer wofür und wer wogegen ist. Jetzt ist plötzlich Bundeskanzler Klima für einen NATO-Beitritt, und der Außenminister macht einen Rückzieher und sagt: Wir haben es doch nicht so eilig, in die NATO zu kommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Lukesch.

Nur: Der Herr Bundeskanzler wird von seiner eigenen Fraktion schon wieder im Stich gelassen. Seine Fraktion macht inzwischen in Österreich parteiinterne Abstimmungen und beschließt mit 12 zu 1, glaube ich – um an die Apostelgeschichte zu erinnern –, daß man dem Herrn nicht folgt. Seine Apostel in Österreich sagen: Nein, ein NATO-Beitritt kommt für uns nicht in Frage, wir bleiben dabei, der Bundeskanzler kann mit seinem Vizekanzler in Madrid ausmachen, was er will!

Meine Damen und Herren! Das ist nicht die Berechenbarkeit und Einschätzbarkeit der österreichischen Außenpolitik, wie sie ... (Abg. Mag. Stadler wirft den beim Rednerpult stehenden Wasserkrug um. – Allgemeine Heiterkeit und Zwischenrufe.) Sehen Sie, welches Potential Sie im Ausland verschütten, Herr Vizekanzler! Sie nötigen mich bereits, Ihnen Ihre eigene Außenpolitik mit dem Wasser ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Es besteht keine Hochwassergefahr. Es können sich alle beruhigen. (Vizekanzler Dr. Schüssel überreicht Mag. Stadler ein Taschentuch.)

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (fortsetzend): Herr Vizekanzler! Ich danke Ihnen für Ihr gebrauchtes Taschentuch. Es war voller Tränen, wie ich bemerkt habe. Herzlichen Dank! (Allgemeine Heiterkeit und Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Herr Vizekanzler! Damit sind wir beim nächsten Problem Ihrer Außenpolitik: Ihr Schengen-Verhalten. Sie haben Österreichs Sicherheitspolitik, auch was das Schengen-Abkommen anlangt,


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